Mindestlohn

Nahles soll Zyto-Ausschreibung prüfen

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Berlin -

Die aktuelle Zyto-Ausschreibung der AOK läuft nicht ganz reibungslos: Schon zweimal wurden die Fristen nach hinten verschoben, statt im Juli sollen die Verträge nun im August beginnen. Bei Apothekern, Ärzten und der Politik regt sich Widerstand. Und Michael Kretzer, Geschäftsführer des bayerischen Spezialgroßhändlers Max Pharma, hat womöglich einen neuen Angriffspunkt an den Verträgen entdeckt.

Max Pharma handelt mit Kurzläufern, vor allem aus dem Bereich der Onkologie. Die tschechische Tochterfirma Max Pharma Group hat sich an der AOK-Ausschreibung beteiligt. Zwar hat die AOK explizit „in Apotheken hergestellte parenterale Zubereitungen“ ausgeschrieben – allerdings europaweit. Und in Tschechien gibt es kein Fremdbesitzverbot. Auch Unternehmen dürfen dort Apotheken besitzen.

Und so konnte sich die Max Pharma Group an der Ausschreibung beteiligen und eine entscheidende Frage stellen: Das Unternehmen wollte wissen, ob sich ausländische Unternehmen bei der Berechnung des Arbeitspreises eigentlich an die deutschen Vorgaben zum Mindestlohn halten müssen.

Für die AOK ist die Sache klar: „Ausländische Bieter haben die einschlägigen Vorschriften im Land der Vertragsdurchführung zu beachten“, schreibt die Kasse. Das bedeutet, dass Bietern aus anderen Staaten vorgegeben wird, den Mindestlohn zu zahlen. Kretzer sieht dabei aber europarechtliche Probleme. Seiner Meinung nach ist es nicht zulässig, den Mindestlohn in Staaten einzufordern, die diesen nicht vorschreiben.

Aus Kretzers Sicht würden ausländische Bieter auf diese Weise diskriminiert. „Es werden generelle Anforderungen gestellt, die aber nur länderspezifisch erbracht werden können“, sagt er. Die Forderung der AOK hält er für „unangemessen“. Er hat sich daher auch an Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) gewandt. Von ihr erwartet er eine klare Positionierung zum Thema Mindestlohn bei Ausschreibungen.

Im Bundesarbeitsministerium will man keine Einzelfälle bewerten. Dort soll zunächst geprüft werden, ob das Schreiben eingegangen ist, das „dann selbstverständlich über die entsprechenden Wege durch das Ministerium beantwortet wird“.

Beim AOK-Bundesverband will man sich zu dem laufenden Verfahren nicht äußern. Ein Sprecher betont dennoch, dass natürlich die Rechtslage am Ort der Leistungserbringung gelte, und fügte hinzu: „Es ist merkwürdig, wenn sich jemand darüber aufregt, dass hohe Sozialstandards eingehalten werden – eigentlich ist es immer anders.“

Die AOK hat im März die Versorgung mit Sterilrezepturen in fünf Bundesländern ausgeschrieben – Brandenburg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein. Noch bis zum 24. Mai können Apotheken ein Gebot abgeben, im August sollen die Verträge beginnen. Sie laufen zunächst ein Jahr, sollen aber um maximal ein Jahr verlängert werden können.

Apotheker, die sich an der Ausschreibung beteiligen wollen, müssen zahlreiche Vorgaben erfüllen. Sie müssen insgesamt 15 Eigenerklärungen unterzeichnen, etwa zu den Ausgangsprodukten, den Räumlichkeiten, zum Personal sowie zur Bereitstellung von Zubereitungen und einem Notfallplan. So verpflichten sich die Apotheken beispielsweise dazu, Zytostatika spätestens 30 Minuten vor der vom Arzt vorgesehenen Applikationszeit zu liefern. Voraussetzung dafür ist, dass die Praxis bis 14 Uhr des Vortages bestellt hat. Im Notfall müssen Zytostatika „in der Regel“ innerhalb von 45 Minuten geliefert werden.

Außerdem muss die Apotheke einen Plan B haben: Für den Fall eines Lieferengpasses, den die Apotheke zu verantworten hat, muss sie eine Filialapotheke, Apotheke, Krankenhausapotheke oder einen Herstellbetrieb als Ersatz nennen. Der Vertreter muss bei Einschränkungen der Lieferfähigkeit oder bei drohendem Lieferausfall die geforderten Zytostatika rechtzeitig liefern – unter Beachtung aller Vorgaben des Vertrags und zur vorgesehenen Applikationszeit.

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