Medizinalhanf

Cannabis: Kassen misstrauen Apotheken

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Berlin -

Der Einsatz von Cannabis zur Schmerztherapie darf nach Auffassung des GKV-Spitzenverbandes nicht von den Krankenkassen bezahlt werden. Dies verstoße gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, schreibt der GKV-Spitzenverband in seiner Stellungnahme zur heutigen Anhörung in Gesundheitsausschuss des Bundestages. Außerdem verweisen die Kassen auf fehlende Evidenz und ungeklärte Nebenwirkungen sowie unkalkulierbare Kosten. Zudem würden Apotheken nach den derzeitigen Plänen zu viel an der Abgabe verdienen.

Da es sich bei der Abgabe von Cannabis in der Apotheke um eine Abgabe von Stoffen in unveränderter Form handelt, würde gemäß Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) ein Aufschlag von 100 Prozent auf den Einkaufspreis der Apotheke berechnet. „Dies erscheint vor dem Hintergrund des für die Apotheke anfallenden Arbeitsaufwands und des geschätzten Apothekeneinkaufspreises unangemessen hoch“, so der GKV-Spitzenverband.

Die erhöhte Nachfrage nach Cannabis vor allem im ersten Jahr könne noch nicht durch den geplanten Anbau unter Kontrolle des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gedeckt werden. Dies könne zu „unkalkulierbar steigenden Preisen führen“. Nach Schätzungen im Gesetzentwurf koste die Versorgung mit Cannabisarzneimitteln monatlich bis zu 1800 Euro. Diese Kosten seien im Vergleich zu den Therapiekosten mit dem zugelassenen Cannabisarzneimittel Sativex, insbesondere aber im Vergleich zu den Kosten anderer zugelassener Arzneimittel, deutlich höher.

Zwar sei die Erleichterung des Einsatzes von Medizinalhanf zur Versorgung von schwerwiegenden Erkrankungen, für die keine dem medizinischen Standard entsprechende Leistung zur Verfügung stehe, grundsätzlich zu begrüßen. Für die Kostenübernahme durch die Kassen fehle es jedoch an der notwendigen Evidenz. Das Arzneimittelgesetz (AMG) fordere zum Schutz der öffentlichen Gesundheit für die Verkehrsfähigkeit eines Arzneimittels eine Zulassung. Die Anforderungen für eine arzneimittelrechtliche Zulassung seien ebenfalls Mindestvoraussetzung für eine Leistungspflicht der GKV, so die Stellungnahme.

Von der arzneimittelrechtlichen Zulassung freigestellte Produkte wie Rezepturen müssten sich ebenfalls einer Bewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) unterziehen. „Diesen Vorgaben wird die geplante Versorgung von Patienten mit Cannabisblüten zulasten der GKV nicht gerecht“, schreibt der Spitzenverband der Kassen.

Zudem sei die der Cannabis-Therapie zugrundeliegende Evidenz in den meisten vorgesehenen Anwendungsgebieten unbefriedigend. Dies betreffe sowohl mangelhafte Belege einer Wirkung von Cannabis als auch Unsicherheiten bezüglich des Nebenwirkungsspektrums und stehe so im Widerspruch zu den durch eine breite Versorgung mit Cannabis geweckten Hoffnungen bei Patienten.

„Aus diesen Gründen kommt der GKV-Spitzenverband zu dem Schluss, dass eine Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Cannabis zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung im Widerspruch zu den für die allgemeine Versorgung mit Arzneimitteln geltenden Normen steht“, so die Stellungnahme. Sie sei weder mit dem Solidarprinzip der GKV noch mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot vereinbar.

Der Mangel an Evidenz könne auch nicht durch die beabsichtigten Begleiterhebung ersetzt werden. Die damit zu gewinnende Evidenz sei deutlich weniger aussagekräftig als die Evidenz, die von den Zulassungsbehörden in Zulassungsverfahren gefordert werde. „Insofern ist nicht davon auszugehen, dass die Ergebnisse der Begleiterhebung ausreichend sein werden, um eine Leistungspflicht der GKV zu begründen“, so der GKV-Spitzenverband. Außerdem gefährde die Freigabe der Versorgung mit Cannabis den Erhalt zugelassener Cannabisarzneimittel.

Im Mai hat die Bundesregierung auf Vorschlag von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) beschlossen, Cannabis zu medizinischen Zwecken freizugeben. „Wir wollen, dass für Schwerkranke die Kosten für Cannabis als Medizin von ihrer Krankenkasse übernommen werden, wenn ihnen nicht anders geholfen werden kann“, so Gröhe.

Patienten ohne therapeutische Alternative sollen getrocknete Cannabisblüten und -extrakte in Apotheken erhalten. Das BfArM soll als staatliche Cannabisagentur fungieren. Bis es den geplanten staatlich kontrollierten Anbau in Deutschland gibt, soll die Versorgung mit Importen gedeckt werden. An diesem Mittwoch findet dazu eine Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages statt.

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