Arzneimittelrecht

Lunapharm: Anklage gegen Krautz-Zeitel

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Berlin -

Nach über einem Jahr hat die Staatsanwaltschaft Potsdam jetzt Anklage gegen Lunapharm Geschäftsführerin Susanne Krautz-Zeitel beim Landgericht Potsdam erhoben. Zugleich wurde sie um Stellungnahme gebeten. Laut Medienberater Klaus Kocks wird diese fristgerecht erfolgen. Erst danach solle über die Eröffnung eines Prozesses entschieden werden. Der Lunapharm-Geschäftsführerin werden laut Kocks Verstöße gegen das Arzneimittelrecht vorgeworfen. Von Diebstahl, Hehlerei, mafiösen Strukturen oder Patientengefährdung sei jetzt nicht mehr die Rede.

Laut Kocks geht es in der Klageschrift ausschließlich um die Lieferbeziehungen zwischen Lunapharm und dem zyprischen Großhändler Gnomon. In der bisherigen Erörterung der Vorgänge um Lunapharm spielte das Unternehmen nur eine Nebenrolle. Laut einem früheren Kontaste-Bericht soll es sich hierbei um eine Tarnfirma handeln, die den Arzneimittelhandel mit Scheinrechnungen verschleiern sollte. Der Hauptvorwurf betraf stets Lieferungen aus einer Athener Apotheke, die angeblich Arzneimittel aus griechischen Kliniken weiterverkauft haben soll. Davon ist in der Klageschrift nicht mehr die Rede. Laut Anklageschrift sollen bei den Lieferungen von Gnomon die Arzneimittel nicht den Vorschriften entsprechend gehandhabt worden sein. Der Geschäftsführer von Gnomon wurde von der Staatsanwaltschaft als Zeuge benannt.

Zum Jahrestag des Lunapharm-Skandals Mitte Juli hatte Krautz-Zeitel öffentlich alle Beschuldigungen zurückgewiesen: „Ich bin unschuldig“. „Alles war so, wie es sein musste“, beteuerte Krautz-Zeitel ihre Unschuld. „Jedes Arzneimittel kann ich meiner Tochter, meiner Mutter oder mir selbst geben, dafür lege ich meine Hände ins Feuer.“ Der einzige offene Punkt für die Lunapharm-Inhaberin ist, ob sie von der Athener Apotheke rein rechtlich gesehen Arzneimittel hätte beziehen dürfen oder nicht. Alle anderen, in mehreren Kontraste-Berichten erhobenen Vorwürfe, wies sie zurück. Sie habe sich seit dem ersten ARD-Bericht immer wieder gefragt: „Was wollen die alle?“ Sie habe für alle gehandelten Arzneimittel über die erforderlichen Genehmigungen verfügt, versicherte sie mehrfach. Seit 30 Jahren sei sie in der Branche aktiv, in einer „ungewöhnlichen“ Nische wie sie zugab, mit ökonomisch interessanten Gewinnspannen.

Gegen den RBB läuft eine Schadensersatzklage, gegen das Land Brandenburg und die Staatsanwaltschaft wegen der Beschlagnahme ihrer Arzneimittel auch. Auf 70 Millionen Euro summieren sich die Forderungen. 2018 hatte Lunapharm zuletzt einen Umsatz von 30 Millionen erwirtschaftet. Das ARD-Magazin Kontraste hatte Lunapharm in das Zentrum von europaweiten mafiösen Strukturen zum Handel mit Arzneimitteln gerückt. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe wurde Lunapharm der Handel mit Arzneimitteln verboten. Die Staatsanwaltschaft beschlagnahmte noch bei Lunapharm vorhandene Arzneimittel. Seit Frühjahr 2017 führt die Staatsanwaltschaft Potsdam ein Ermittlungsverfahren gegen das Unternehmen. Der Arzneimittelhersteller steht in Verdacht, hochpreisige Medikamente aus griechischen Krankenhäusern illegal erlangt und nach Deutschland importiert zu haben. Als erstes hatte darüber das ARD-Magazin Kontraste berichtet.

Auch mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte sich Lunapharm rechtlich angelegt: Das Verwaltungsgericht Köln lehnte aber den Antrag ab, dem Bundesgesundheitsministerium zu untersagen, auf der eigenen Internetseite Angaben zu den in Griechenland bezogenen Krebsmedikamenten zu machen. Lunapharm wollte dem Ministerium zudem verbieten, in den Veröffentlichungen von Diebstahl zu sprechen, da dieser nicht erwiesen sei.

Das Gesundheitsministerium hatte auf der Internetseite zum Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) auf den „Fall Lunapharm“ hingewiesen. Im Vorwort zum entsprechenden Gesetzentwurf hieß es, dass das Unternehmen Arzneimittel bezogen habe, die „mutmaßlich in griechischen Krankenhäusern gestohlen worden waren“. Auch Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wiederholte in einer Rede im April, dass es sich um „gestohlene Krebsmedikamente aus Griechenland, die durch Lunapharm auf den deutschen Markt gelangten“ handele.

Im Gerichtsverfahren kündigte das Ministerium an, auch das hochgeladene Skript von Spahns Rede auf der Internetseite mit dem Zusatz „mutmaßlich“ zu versehen. Das Gericht sah daraufhin keine Veranlassung mehr, dem Gesundheitsministerium Angaben zum „Fall Lunapharm“ zu untersagen und wies den Eilantrag des Unternehmens ab. Das Verwaltungsgericht Köln begründete, dass die Veröffentlichung vom Informationsauftrag des Ministeriums über die Motive des Gesetzesvorhabens gedeckt sei und der Information der Öffentlichkeit diene.

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