Krebsmedikamente

Lauterbach will Zyto-Apotheken abschaffen

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Berlin -

Zum Prozessauftakt um mutmaßlich gestreckte Krebsmedikamente durch den Bottroper Apotheker Peter S. hat SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach die grundlegende Neuordnung der Zyto-Versorgung gefordert: Chemotherapien sollen nur noch in spezialisierten Kliniken zubereitet und durchgeführt werden dürfen, forderte Lauterbach im Interview mit dem NDR. In letzter Konsequenz bedeutet dieser Vorschlag das Ende der Zyto-Apotheken.

Hintergrund des Bottroper Zyto-Skandals sei ein zweifaches Systemversagen, sagte Lauterbach. Die derzeitige Zyto-Zubereitung entziehe sich der Kontrolle der Politik: „Die Zubereitung für onkologische Praxen muss dringend geändert werden.“ Per Gesetz könne man regeln, dass künftig „Chemotherapien nur noch in Krankenhäusern zubereitet“ werden dürften. Dort herrsche das „Mehraugenprinzip“.

Lauterbach: „Dort gibt es keine Selbstständigen, die Millionengewinne damit machen.“ In Krankenhäusern arbeiteten Angestellte, die im Fall von Übertretungen zudem wegen Korruption angeklagt werden könnten, sagte Lauterbach im NDR: „Das gesamte System ist sehr viel weniger korruptionsanfällig.“ Lauterbach war von 2001 bis 2013 im Aufsichtsrat des Klinikkonzerns Rhön.

Daneben sprächen auch Qualitätsargumente für die Klinik, sagte Lauterbach: Chemotherapien würden künftig immer komplizierter und die Medikamente immer teurer. Laut Lauterbach kosten Therapien im Einzelfall bis zu 200.000 Euro. „Das ist eigentlich nichts, dass in den niedergelassenen Bereich gehört.“ Das sei „klassische Krankenhausarbeit“ und sollte in Spezialkliniken durchgeführt werden.

Im Fall des Bottroper Apothekers warf Lauterbach NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) schwere Versäumnisse vor. Es sei Laumanns Pflicht, die betroffenen Patienten zu informieren. Dabei könne er sich nicht hinter dem Datenschutz verstecken. „Die Berufung auf den Datenschutz ist falsch“, so Lauterbach. Es gehe hier nicht um die Schuldfrage, sondern darum, Patienten zu helfen.

Laumann müsse die Patienten informieren, ob sie betroffen sein könnten. Dafür müsse der NRW-Gesundheitsminister geeignete Wege finden. „Die Informationspolitik ist nicht angemessen“, so Lauterbach. Viele Patienten wüssten immer noch nicht, ob sie gepanschte Zytostatika erhalten hätten oder nicht und „ob die Dosierung nicht gestimmt hat“.

Zum Prozessauftakt wurde die Anklage verlesen. Mehr als 800 Seiten umfasst die Anklageschrift, der überwiegende Teil enthält Tabellen mit Einkaufs- und Abrechnungsmengen. Knapp 62.000 Infusionen soll S. gepanscht haben, der Gesamtschaden für die Kassen beläuft sich demnach auf 56 Millionen Euro. Bei 35 besonders hochpreisigen Wirkstoffen sollen bis zu 80 Prozent unterdosiert gewesen sein.

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