Kein Konsens

Koalition streitet weiter über Importförderung Lothar Klein, 29.05.2019 14:13 Uhr

Kein Konsens: SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach will die Importförderklausel streichen. Die Union hält dagegen. Foto: Andreas Domma
Berlin - 

Die Gesundheitspolitiker der Großen Koalition streiten weiter über die Importförderklausel. Die SPD fordert deren Streichung, die Union hält dagegen. Zwar liegen zur Beratung des Gesetzes für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) neue Änderungsanträge von Union und SPD vor. Allerdings besteht über das Thema Importförderung noch kein Konsens. Solang keine Einigung erzielt ist, steht das Gesamtpaket der Änderungsanträge in Frage und auch die für die kommende Woche geplante Verabschiedung des GSAV im Bundestag.

SPD-Gesundheitspolitiker wollen sich zum Streit um die Importförderung nicht äußern: „Kein Kommentar“, heißt es derzeit aus den Büros von SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach und der gesundheitspolitischen Sprecherin Sabine Dittmar. Mitte Mai hatte Lauterbach angekündigt, dass sich die SPD gegen den Fortbestand der geänderten Importförderklausel im GSAV stellen werde. Dieser Punkt sei „sehr kritisch“, so Lauterbach. Es gebe weder ökonomische noch arzneimitteltechnische Gründe für den Reimport. Dafür handele man sich nur Probleme ein: „Es gibt überhaupt keinen Grund, daran festzuhalten. Wir wollen das abschaffen.“

Der SPD-Fraktionsvize kritisierte in diesem Zusammenhang den Einfluss „eines einzelnen Ministers und einer einzelnen Parteivorsitzenden“, die wegen eines „Unternehmens in einem kleinen westdeutschen Bundesland“ die ursprünglich von Spahn geplanten Abschaffung der Importförderklausel blockiert hätten. Gemeint sind damit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und die neue CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer. Beide stammen aus dem Saarland. Dort beheimatet ist mit Kohlpharma der größte Arzneimittelimporteur. „Das ist eine kritische Situation und ein Beispiel für Lobbyismus. Das ist mit Händen zu greifen“, so Lauterbach.

Offen ließ Lauterbach aber, wie sich die SPD in den weiteren Beratung zum GSAV verhält. Das Gesetz soll am 6. Juni im Bundestag verabschiedet werden. Am Tag zuvor findet die abschließende Beratung im Gesundheitsausschuss statt. Dann hat der Bundesrat das letzte Wort. Dort gibt es eine Ländermehrheit für die Abschaffung der Importförderklausel. Für die Ausschusssitzung haben Union und SPD insgesamt 36 weitere Änderungsanträge vorbereitet. Darin enthalten ist auch eine Ausnahme für biotechnologische herstellte Arzneimitteln von der Importförderung. Dem Vernehmen nach gibt es darüber aber keinen Konsens zwischen Union und SPD: „Alles ist offen“, heißt es aus der Union, von einer Einigung könne keine Rede sein.

Gibt es im Importförderstreit in der kommenden Wochen keine Einigung, steht möglicherweise nicht nur das neue Paket mit Änderungsanträgen auf dem Spiel, sondern auch die für Donnerstag angesetzte Verabschiedung des GSAV im Bundestag. Das Thema Importförderung hat im Zuge der GSAV-Beratungen bereits einen wechselvolle Verlauf hinter sich: Im Im ersten GSAV-Entwurf sollte der Passus noch angepasst werden, im Regierungsentwurf vom 11. Januar hieß es dann, er sei überholt und solle komplett gestrichen werden. Im überarbeiteten Entwurf, der am 22. Januar veröffentlicht wurde, tauchte plötzlich eine ganz neue Regelung auf, wonach eine neue, dreiteilige Importklausel eingeführt werden soll.

Demnach solle für Originalpräparate bis zu einem Preis von 100 Euro weiterhin ein Mindestpreisabstand von 15 Prozent gelten. Für Arzneimittel zwischen 100 und 300 Euro gilt der Preisabstand von 15 Euro als Mindestgrenze. Für noch teurere Arzneimittel ab 300 Euro wird als neuer Mindestpreisabstand die Grenze von 5 Prozent eingeführt – rechnerisch beginnend also erneut bei 15 Euro. Entscheidend: Für extrem hochpreisige Arzneimittel gibt es keinen „Deckel“ mehr.

Was letztendlich aus der umstrittenen Importförderklausel wird, bleibt vorerst offen. Auch der Bundesrat mischt noch mit. Das GSAV ist zustimmungspflichtig. Der Bundesrat war der Empfehlung seines Gesundheitsausschusses bereits gefolgt und hat für ihre Abschaffung gestimmt.