2. Corona-Gesetzespaket

Kassen: Nicht unnötig Grippeimpfstoff bunkern

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Berlin -

Mit seinem zweiten Corona-Gesetzespaket will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Impfstoffmengen für die kommende Grippesaison 2020/21 erhöhen. Ärzte und Paul-Ehrlich-Institut (PEI) sollen 30 Prozent mehr Impfstoff ordern können. Das halten die Krankenkassen aus mehreren Gründen für unzweckmäßig und auch insgesamt für überflüssig, weil die Bestellfristen für die Grippeimpfsaison 2020/21 sowieso schon abgelaufen sind.

Die bisherige Regelung, dass eine angemessene Überschreitung der Menge verordneter saisonaler Grippeimpfstoffe gegenüber den tatsächlich erbrachten Impfungen grundsätzlich nicht als unwirtschaftlich gilt, will Spahn ändern und festlegen, dass in der Impfsaison 2020/2021 eine Überschreitung der Bestellmenge von Ärzten von bis zu 30 Prozent gegenüber den tatsächlich erbrachten Impfungen grundsätzlich nicht als unwirtschaftlich gilt und daher kein Regress erfolgt. „Der GKV-Spitzenverband kann das Ziel einer stärkeren Durchimpfungsrate der Bevölkerung mit den saisonalen Grippeimpfstoffen sehr gut nachvollziehen. Vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie gewinnt dieses Ziel weiter an Bedeutung“, so der GKV-Spitzenverband in seiner Stellungnahme.

Grundsätzlich sei zu erwarten, dass die Nachfrage nach einer Grippeimpfung in der Bevölkerung in der kommenden Saison steigen werde. Angesichts der schwierigen Abschätzbarkeit der tatsächlichen Nachfrage müsse aber nochmals hinterfragt werden, ob das etablierte System zur Impfstoffbeschaffung passgenau und wirtschaftlich sei. Entscheidend für die Erreichung des Ziels einer höheren Durchimpfungsrate sowie eines dafür passenden Impfstoffeinkaufs dürften verstärkte Aufklärung durch die Ärzte und die tatsächliche Durchführung von Impfungen sowie ein niedrigschwelliger Zugang für die Patienten sein.

„Allein die Verordnung einer großen Zahl von Impfstoffen, die dann nicht vollständig verimpft werden, löst das Problem nicht“, so der Kassendachverband. Es stelle sich vielmehr grundsätzlich die Frage, ob das System der individuellen Abschätzung zum möglichen Impfstoffbedarf durch einzelne Ärzte und entsprechende Bevorratung zu einer passgenauen und wirtschaftlichen Versorgung führen könne. Vielmehr sei zu befürchten, dass Impfstoff in einer Praxis ungenutzt verfalle, an anderer Stelle jedoch fehle. „Damit ist die Anhebung der als nicht unwirtschaftliche Beschaffung deklarierten Menge einer einzelnen Arztpraxis letztlich ein ungeeignetes Mittel für die zu erreichenden Ziele“, lehnt der GKV-Spitzenverband diesen Plan ab.

Auch die Erhöhung der vom PEI zu ermittelnden Impfstoffmengen halten die Kassen für sinnlos: Laut Gesetz melde das PEI bis 15. März an die Impfstoffhersteller für saisonale Grippeimpfstoffe die benötigten Mengen für die folgende Impfsaison. Grundlage hierfür sei die bis zum 15. Januar erfolgenden Meldungen der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) über die benötigten Mengen. Spahn will den bisherigen Zuschlag von 10 Prozent auf diese Menge nun auf 30 Prozent erhöhen. Das Ziel der vorgesehenen Regelung ist, dass die Hersteller größere Mengen an Impfstoffen für den deutschen Markt bereitstellen als ursprünglich geplant.

Laut Kassen ist das dann sinnvoll, wenn tatsächlich die Bereitschaft für Impfungen in der Bevölkerung in der Saison deutlich über dem Vorjahr liegt, das wiederum die Basis für die prognostizierten Mengen sein sollte. Bei der vorgesehenen Regelung sei zu beachten, dass die „Meldezeitpunkte für die Saison 2020/21 bereits verstrichen sind“. Es sei unwahrscheinlich, dass eine vorgesehene Gesetzesänderung noch einen Einfluss auf die Produktion nehmen könne. „Entsprechend ist die Sinnhaftigkeit der vorgesehenen Änderung zu hinterfragen“, so der Kassendachverband und empfiehlt diese Änderung umzusetzen, wenn sichergestellt sei, dass diese seitens des PEI und der pharmazeutischen Unternehmen noch umgesetzt werden könne.

 

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