Westfalen-Lippe

Kammer trommelt gegen DocMorris Lothar Klein, 11.11.2017 08:35 Uhr

Berlin - 

Mitte nächster Woche widmet sich die Friedrich-Ebert-Stiftung mitten im Sauerland der medizinischen Versorgung auf dem Land. Der Think-Tank der SPD hat zu einer Informationsveranstaltung und Podiumsdiskussion geladen. Kassenärzte und Kliniken sind dabei und auch DocMorris-Vorstand Max Müller – nur die Pharmazeuten aus der Region nicht. Das ärgert die Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL). In einem Fax ruft sie ihre Mitglieder auf, „zahlreich“ daran teilzunehmen.

Der kleine Bürgersaal am Rathausplatz in der 11.000-Seelen-Gemeinde Bestwig dürfte also gut gefüllt sein am kommenden Mittwoch um 17.30 Uhr. Der Ärger der Kammer, keinen Vertreter auf dem Podium stellen zu können, liest sich unmissverständlich aus dem Rundfax heraus: „Als Gesprächspartner für den Themenkreis Arzneimittel wird nicht ein Apotheker auf dem Podium vertreten sein, sondern Max Müller, Chefstratege von DocMorris“, heißt es dort und weiter: „Wir möchten das nicht weiter kommentieren...“

Aufgrund dieser Ausgangslage wäre es schön, wenn dort „zahlreiche Apotheker/-innen vertreten wären“, trommelt die Kammer für rege Beteiligung. Und liefert die Begründung gleich mit: „Um das Expertenwissen in die Diskussion einzubringen, das ein Vertreter der niederländischen Versandapotheke höchstwahrscheinlich nicht besteuern wird können.“ Auch ein Vertreter der Kammer werde vor Ort sein. Man wolle DocMorris das Feld nicht alleine überlassen.

Neben Müller nimmt Frederik Ley von der DB Regio Bus aus NRW teil. Die Bahn-Tochter hat den mobilen Ärztebus entwickelt, der bereits in Hessen herumfährt. Auch ein Apothekenbus war dort einmal im Gespräch. Ferner ist ein Vertretrer des Klinikums Arnsberg eingeladen, dazu Hans-Heiner Decker von den Kassenärzten sowie Brilons Bürgermeister Christof Bartsch (SPD). Moderiert wird die Diskussion vom Bundestagsabgeordneten Dirk Wiese. Nicht bekannt ist derzeit, warum die Friedrich-Ebert-Stiftung auf die Einladung eines Apothekers aus der Region verzichtet hat. Der Organisator war nicht zu sprechen. Noch liegt keine Antwort vor.

In der Einladung heißt es, die ausreichende gesundheitliche und medizinische Versorgung der Bevölkerung sei eine „unverzichtbare Voraussetzung für eine wirtschaftliche und soziale Entwicklung in Deutschland“. Die Situation sei aber in den vergangenen Jahren deutlich schwieriger geworden. Vor allem in den ländlichen Regionen in NRW verstärke sich der Trend einer ambulanten ärztlichen Unterversorgung. Die Ärzteschaft werde älter und für den medizinischen Nachwuchs werde der ländliche Raum zunehmend unattraktiv.

Gleichzeitig steige aufgrund des demografischen Wandels die Nachfrage nach medizinischer Versorgung. „Um eine ausreichende Gesundheitsversorgung in diesen Regionen aufrechtzuerhalten, sind neue Konzepte gefragt.“ Die Apotheker hat die SPD-Stiftung offenbar nicht im Blick.

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Hochsauerlandgespräche" soll Fragen nachgegangen werden wie: „Wie sieht die Zukunft der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum aus? Welche Ansatzpunkte gibt es, um die flächendeckende medizinische Versorgung dauerhaft sicherzustellen und zu verbessern? Wie können Politik und Praxis zusammenarbeiten, um den Wandlungsprozess aktiv zu gestalten und abzufedern?“

DocMorris hat Patienten in ländlichen Regionen bereits vor Jahren als Zielgruppe ausgemacht; in Hayn im Südharz war sogar einmal die Eröffnung einer Apotheke im Gespräch. Der Bürgermeister wartete dann vergebens auf einen Anruf aus Heerlen.

Kurz vor der Bundestagswahl 2013 tingelte der DocMorris-Apothekenbus mit viel PR-Getöse durch das Land. In 15 deutschen Städten wurden Station gemacht; vielerorts gab es Proteste der ansässigen Apotheker. Arzneimittel wurden in dem Werbefahrzeug nicht abgegeben. Allerdings sei es ein Ziel, später in dem Bus Medikamente zu verkaufen, hatte DocMorris-Chefapotheker Professor Dr. Christian Franken bei der Vorstellung gesagt. Später wurde das Projekt auf Eis gelegt.

Zuletzt hatte die Versandapotheke im baden-württembergischen Hüffenhardt ein Abgabeterminal getestet. Das Regierungspräsidium Karlsruhe hatte die Abgabe von Rx-Medikamenten untersagt, später stoppten mehrere Apotheker auch den Verkauf von OTC-Medikamenten. Die Gerichtsprozesse dauern an.