Spahn: „Historische Entscheidung“

Impf-Modellprojekte: Bundesrat verabschiedet Masernschutzgesetz

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Berlin -

Der Bundesrat hat dem Masernschutzgesetz zugestimmt und damit auch Modellvorhaben zu Grippeschutzimpfungen auf den Weg gebracht. Das Gesetz wird am 1. März 2020 in Kraft treten. Die Länder wollten zunächst noch längere Übergangsfristen für den Grippeimpfschutz von Lehrern durchsetzen, verzichten aber auf einen Einspruch. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bezeichnete die Verabschiedung im Bundesrat als „historische Entscheidung“.

„Masern sind keine harmlose Kinderkrankheit und nicht medizinisch heilbar“, erklärte Spahn am Freitagvormittag in der Länderkammer. Wenn einer der anwesenden Abgeordneten erkrankt sei, würde er damit alle seine Kollegen im Raum gefährden – das Masernvirus sein auch über die Luft stundenlang übertragbar und zähle damit zu den ansteckendsten Viren überhaupt. Es sei seit 1984 Ziel der WHO, Masern und andere Infektionskrankheiten auszurotten – und bisher sei man dabei auf einem guten Weg gewesen. Doch jetzt müsse man beobachten, wie die Masern zurückkehren, auch in Deutschland.

Er könne die Kritik an der Verpflichtung verstehen, so Spahn: „Ja, natürlich ist das ein Stück Eingriff in die Freiheit des Einzelnen und auch in die Erziehung der Eltern, aber Freiheit bedeutet immer auch Verantwortung für andere.“ Deshalb sei der Freiheitsbegriff in dem Fall auch in die andere Richtung zu interpretieren. „Masernschutz ist Kinderschutz.“

Dabei dürfe die Bedeutung des Gesetzes nicht unterschätzt werden. „Es ist auch eine historische Entscheidung“, so Spahn. Das letzte mal sei auf deutschem Boden im Jahr 1970 eine Impfpflicht beschlossen wurden und zwar die Masernimpfpflicht in der DDR – in der Bundesrepublik gab es so etwas noch nie. Auf deren Gebiet war die einzige Impfpflicht die gegen Pocken im Jahre 1874. Das Gesetz wurde schließlich mit absoluter Mehrheit verabschiedet. Nur eine kleine Minderheit hatte für die Anrufung des Vermittlungsausschusses gestimmt. Bereits Mitte November war das Gesetz durch den Bundestag gegangen.

Ursprünglich sollten die Modellvorhaben zu Grippeschutzimpfungen im Apothekenstärkungsgesetz (VOASG) geregelt werden. Weil die Beratung wegen der ausstehenden Stellungnahme der EU-Kommission zum darin geplanten Rx-Boni-Verbot aber nicht vorankommt, wurde diese Regelung eins zu eins ins Masernschutzgesetz vorgezogen: Apotheker können im Rahmen von regionalen Modellvorhaben Erwachsene gegen Grippe impfen. Damit sollen sich mehr Menschen gegen eine Grippe impfen lassen. Die Apotheker werden hierfür vorher von Ärzten geschult.

„Die Krankenkassen oder ihre Landesverbände können mit Apotheken, Gruppen von Apotheken oder mit den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgeblichen Organisationen der Apotheker auf Landesebene Verträge über die Durchführung von Modellvorhaben in ausgewählten Regionen zur Durchführung von Grippeschutzimpfungen bei Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, in Apotheken mit dem Ziel der Verbesserung der Impfquote schließen. In den Verträgen ist zu den Grippeschutzimpfungen in Apotheken insbesondere Folgendes zu regeln: 1. die Voraussetzungen für deren Durchführung, 2. deren Durchführung, 3. deren Vergütung und 4. deren Abrechnung“, lautet die Gesetzesformulierung.

Geplant ist ein 
verpflichtender Impfschutz gegen Masern 
in
 Kitas, Schulen
 und der
 Kindertagespflege.
 Vor 
Aufnahme
 in
 solche Einrichtungen
 muss 
für
 die
 Kinder künftig
 nachgewiesen 
werden,
 dass
 sie
 wirksam
 gegen
 Masern
 geimpft worden 
sind. Auch Mitarbeiter
 sowie 
medizinisches Personal
 müssen einen vollständigen 
Impfschutz
 nachweisen. Kinder
 ohne
 Masernimpfung 
können
vom Besuch einer Kindertagesstätte ausgeschlossen werden.

Der 
Gesetzentwurf sieht
 ferner 
vor, dass 
gegen
 Eltern, die ihre in
 Gemeinschaftseinrichtungen
 betreuten
 Kinder
 nicht impfen
 lassen,
ein Bußgeld 
in Höhe von bis
 zu 2500 Euro verhängt
 werden kann. Künftig
 sollen 
auch wieder 
verstärkt 
freiwillige 
Reihenimpfungen 
in 
Schulen 
ermöglicht 
werden.
 Auch 
Betriebsärzte sollen
 sich an
 Schutzimpfungen 
beteiligen.

Der 
Gesetzentwurf
 beinhaltet 
drei 
sogenannte 
fachfremde
 Regelungen. So
 haben Versicherte künftig 
bei
 einem
 Verdacht 
auf 
sexuellen
 Missbrauch
 einen 
Anspruch 
auf Kostenübernahme
 für 
eine 
vertrauliche medizinische 
Spurensicherung 
am 
Körper
 bekommen. 
Der Gesundheitsausschuss
 erweiterte 
diese 
Regelung 
auch
 auf 
andere 
Fälle 
von Misshandlung 
und 
Gewalt. Zudem
 soll 
Werbung
 für 
operative 
plastisch-chirurgische 
Eingriffe 
(Schönheitsoperationen), 
die 
sich 
ausschließlich
 oder überwiegend
 an
 Jugendliche
 richtet, 
verboten 
werden.
 Damit 
soll 
vor 
allem
 die 
vergleichende 
Darstellung 
des Aussehens 
vor 
und 
nach 
einem
 Eingriff 
unterbunden
 werden.

Schließlich 
wird 
mit 
dem
 Gesetzentwurf 
das 
Wiederholungsrezept 
eingeführt. 
Es 
zielt 
auf 
Versicherte
 ab,
 die 
eine kontinuierliche 
Versorgung
 mit 
einem 
Arzneimittel 
benötigen. 
In 
den 
Fällen 
kann
 der Arzt 
eine
 Verordnung
 ausstellen, die
 eine
 bis 
zu 
drei 
Mal 
wiederholte 
Abgabe
 erlaubt. Ob eine entsprechende Verordnung von Arzneimitteln in Frage kommt, muss der behandelnde Arzt im Einzelfall beurteilen. Auch diese Regelung wurde aus dem VOASG vorgezogen.

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