Hilfsmittelvertrag

Inko-Versorgung unter Einkaufspreis Julia Pradel, 09.06.2015 10:11 Uhr

Berlin - 

Die DAK-Gesundheit wird immer wieder für ihre Sparpolitik kritisiert, seien es Retaxationen oder Hilfsmittelverträge. Zuletzt hatte die „Bild“ der Kasse vorgeworfen, mit Verträgen über aufsaugende Inkontinenzprodukte an Senioren zu sparen. Doch auch bei ableitenden Inkontinenzprodukten schaut die DAK genau auf die Kosten. Für Apotheker kann das bedeuten, dass sie bei der Versorgung sogar draufzahlen.

Seit November 2014 hat die DAK Verträge über die Versorgung ihrer Versicherten mit ableitenden Inkontinenzhilfen geschlossen. Die Vereinbarungen umfassen das notwendige Zubehör, die Verbrauchsmaterialien und alle Dienst- und Serviceleistungen. Apotheken, die DAK-Versicherte beliefern wollen, müssen sich präqualifizieren und einem der Verträge beitreten.

Einen Vertrag hat die DAK etwa mit dem Hersteller Uromed geschlossen. Kasse und Hersteller haben darin Preise für die einzelnen Hilfsmittel vereinbart. Für einige Produkte erhält Uromed den Apothekeneinkaufspreis (AEP) minus 10 Prozent plus Mehrwertsteuer, für andere eine feste Summe.

Zu diesen Preisen müssen auch die Apotheken, die dem Vertrag beitreten, liefern. Weitere Zu- oder Aufzahlungen von Versicherten dürfen nicht erhoben werden. Für einen sterilen Bettbeutel mit mit Ablauf erhält Uromed beispielsweise 1,79 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer. Wollen Apotheken dieses Produkt von Uromed kaufen, zahlen sie im Einkauf 2,95 Euro. Ähnlich bei Bettbeuteln mit Tropfkammer: Der Hersteller erhält 8,11 Euro, die Apotheke zahlt im Einkauf 9,30 Euro. Apotheken müssen also entweder einen anderen Anbieter wählen oder draufzahlen.

Die Aktion Inkontinenzhilfe, die eine Petition für aufzahlungsfreie Versorgung gestartet hat, kritisiert die DAK etwa als Kasse, „deren Finanzlage notorisch angespannt ist“. Bei Hilfsmitteln verfolge sie einen Sparkurs, da sie die Kasse mit dem höchsten Altersdurchschnitt und den höchsten Pro-Kopf-Ausgaben für Hilfsmittel sei. 2014 habe die DAK die Versorgung für 72.000 inkontinente Versicherte ausgeschrieben.

Nach Aussage von Mitarbeitern müsse die DAK mit dem Preis punkten, und nicht mit der Qualität, so das Aktionsbündnis. Das ist aus Sicht der Aktion Inkontinenzhilfe ein klares Signal gegen ältere und pflegebedürftige – und damit teure – Mitglieder.

Wegen der niedrigen Pauschale werde den Patienten nur eine Ausschreibungsqualität geliefert. Dies habe einen höheren Verbrauch an Produkten zur Folge. Für bessere Produkte müssten die Patienten aufzahlen. „Zahlt der Patient nicht auf und erhält lediglich das aufzahlungsfreie Ausschreibungsprodukt, kann es aufgrund von schlecht sitzenden und weniger saugstarken Inkontinenzhilfen verstärkt zu nasser Wäsche, Hautreizungen und wunden Stellen kommen“, beklagt das Aktionsbündnis.

In dem DAK-Vertrag ist geregelt: „Die Auswahl der notwendigen Produkte hat nach Maßgabe der Verordnung so zu erfolgen, dass die Leistung ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist, das Maß des Notwendigen nicht überschreitet und dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht.“

DAK-Chef Professor Dr. Herbert Rebscher sieht die Ursache im veralteten GKV-Hilfsmittelverzeichnis. „So entsprechen zum Beispiel die derzeit geltenden Qualitätskriterien in der Produktgruppe 15 dem Sachstand aus dem Jahr 1993“, sagt er. Allerdings seien die Produkt- und Qualitätsanforderungen für die einzelne Kasse nicht verhandelbar.

Zur Lösung des Problems will der Kassenchef auf Selektivverträge setzen: Das der vorgegebenen Qualitäten könnte aus seiner Sicht gelöst werden, indem Krankenkassen mit den Leistungserbringern abweichende und höhere Qualitätskriterien vereinbaren dürfen. Dies würde die Versorgungsqualität im Hilfsmittelbereich verbessern und den von der Politik geforderten Wettbewerb unter den Kassen um die beste Versorgung fördern.

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