Lieferengpässe

Gesundheitsminister: Rabattverträge relativiert

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Berlin -

Eigentlich sollten sich die Gesundheitsminister der Länder im Juni um den Zusammenhang zwischen Lieferengpässen bei Arzneimitteln und Rabattverträgen kümmern. Dazu hatten Hessen und das Saarland Veränderungen bei den Rabattverträgen und eine Verringerung der Zwangsabschläge für Hersteller vorgeschlagen. Jetzt wurde der Antrag entschärft. Rabattverträge und Zwangsabschläge spielen keine Rolle mehr.

Die Amtschefs der Gesundheitsministerien in Hessen und im Saarland hatten dazu zunächst Anfang April einen gemeinsamen Antrag für die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) vorgelegt. Trotz vielfältiger Maßnahmen seien weiterhin Lieferengpässe von Arzneimitteln zu verzeichnen, hieß es darin. Dafür gebe es „herstellungsbedingte Ursachen“. Dazu zählten für beide Ministerien die Komplexität der Produkte, die Zunahme regulatorischer Anforderungen, Produktionsprobleme, Engpässe bei Ausgangsstoffen, hohe Qualitätsvorgaben, Produktionskapazitäten, Globalisierung und Konzentrationsprozesse.

Für Preis- und Rabattdruck sorgten auch nationale Preis- und Erstattungsregulierungen, so die beiden Länderministerien. Dies führe zu unternehmerischen Entscheidungen wie die Rationalisierung von Produktionsprozessen und die Anpassung der Portfolios. Hinzu kämen Verteilungs- und Lagerprobleme. „Eine wichtige Ursache für Lieferengpässe, die bis dato regulatorisch nicht beziehungsweise nicht ausreichend adressiert wurden, scheint der steigende Kostendruck zu sein“, hieß es im Antrag.

Deshalb sollten wettbewerbliche Steuerungsinstrumente und Preissteuerungsinstrumente für versorgungsrelevante Arzneimittel nachjustiert werden, schlugen die beiden Gesundheitsministerien vor: „Grundsätzlich zu hinterfragen“ seien Rabattverträge für lebenswichtige Arzneimittel. Ausschreibungen von Krankenkassen und Einkaufsgemeinschaften sollten stets konsequente Mehrfachvergaben mit definierten Liefermengen zur Vermeidung von Lieferausfällen vorsehen.

Anfang Mai trafen sich nun die Amtschefs der Ländergesundheitsministerien zur Vorbereitung und Abstimmung der GMK. Der Antrag wurde umformuliert und wird jetzt von nicht nur von Hessen und dem Saarland, sondern auch von Sachsen, Brandenburg und Thüringen eingebracht. Darin heißt es weiterhin, dass trotz vielfältigen Maßnahmen in den vergangenen Jahren Lieferengpässe weiterhin ein Problem darstellten.

Eine wichtige Ursache scheine auch der steigende Kostendruck sowie die Organisation und Distribution der Pharmaunternehmen zu sein. „Vor diesem Hintergrund bittet die GMK das BMG (Bundesgesundheitsministerium) zu prüfen, inwieweit eine Notwendigkeit gesetzlicher Änderungen oder anderer Maßnahmen besteht“, heißt es jetzt weniger konkret.

Statt wie im früheren Entwurf eigene Forderungen zu Rabattverträgen zu erheben, verweist der Antrag jetzt auf das Ergebnisprotokoll des Pharmadialogs aus dem Jahr 2016: „Darüber hinaus wollen sich im Hinblick auf die Liefersicherheit bei Rabattverträgen die Dialog-Partner in Gesprächen mit den Krankenkassen dafür einsetzen, dass die Liefersicherheit im Rahmen der Rabattverträge beispielsweise durch Mehrfachvergaben gestärkt wird.“ Bereits in der Vergangenheit und im Nachgang zum Pharmadialog sei ein Bündel an Maßnahmen ergriffen worden.

Dazu gehörten beispielsweise Änderungen des Arzneimittelgesetzes (AMG): Sicherstellungsauftrag der Pharmaindustrie, verpflichtende Meldung von Lieferengpässen durch die pharmazeutischen Unternehmer an Krankenhäuser, Vorratsbeschaffungsmöglichkeit für Importe durch Krankenhäuser, Verpflichtung der pharmazeutischen Industrie zur Mitteilung aller Daten zu Absatzmenge und Verordnungsvolumen auf Anfrage der Bundesoberbehörden.

Um die Transparenz zu erhöhen, hätten sich die Industrieunternehmen selbst verpflichtet, Engpässe verschreibungspflichtiger Arzneimittel zu melden. Auch sei ein Jour Fixe beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) unter Beteiligung der Bundesoberbehörden und von Fachkreisen eingerichtet worden, bei dem Maßnahmen erörtert würden, um Lieferengpässe zu vermeiden oder deren Auswirkungen abzumildern. Bei diesem Jour Fixe sei auch eine Liste versorgungsrelevanter, engpassgefährdeter Wirkstoffe erarbeitet worden, die regelmäßig aktualisiert werde.

Mit dem aktuellen Antrag sind die Gesundheitsminister der Länder jetzt offenbar zufrieden. Die Rabattverträge „grundsätzlich“ auf den Prüfstand stellen, wollen sie nicht mehr. Zudem hatten die Gesundheitsministerien von Hessen und Saarland zunächst vorgeschlagen, die Herstellerabschläge unter die Lupe zu nehmen: Es „sollten Anreize für die vermehrte Herstellung von Arzneimitteln in europäischen Produktionsstätten, zum Beispiel niedrigere oder keine Abschläge, geprüft werden, um höhere Produktionskosten in Europa zumindest teilweise zu kompensieren“, so der Vorschlag. Diese Passage findet sich im überarbeiteten Antrag nicht mehr.

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