Gesundheitsfonds

Barmer gegen Verwerfungen bei Kassen-Finanzierung dpa, 03.09.2016 08:52 Uhr

Fordert Veränderungen: Barmer-Vorstandsvorsitzender Christoph Straub kritisiert den Risikostrukturausgleich zwischen den Krankenkassen. Foto: Elke Hinkelbein
Berlin - 

Die Kritik am Finanzausgleich zwischen den gesetzlichen Krankenkassen hält an. Angesichte massiver Probleme gesetzlicher Krankenkassen hat die Barmer GEK die Bundesregierung aufgefordert, Verwerfungen im Finanzsystem schnell zu beseitigen. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) zeigt sich aber unbeeindruckt. Änderungen vor der Bundestagswahl 2017 scheinen unwahrscheinlich.

Der Vorstandsvorsitzende der Barmer GEK, Christoph Straub, sagte: „Manche Dinge könnte man recht kurzfristig in den Hand nehmen.“ So könnte man Hilfsgrößen für die Berechnung von Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds wie den Bezug einer Erwerbsminderungsrente relativ rasch aus dem morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) herausnehmen, argumentierte Straub. Der Morbi-RSA soll bei der Zuweisung Unterschiede zwischen den Krankenkassen nach Zahl und Schwere der erkrankten Versicherten ausgleichen.

Der Chef der Ersatzkasse forderte zudem die Einführung eines Regionalfaktors. Es sei „eine Binsenweisheit, dass in Metropolregionen mit einer sehr viel größeren Zahl von Krankenhäusern und Ärzten aller Art es eine angebotsinduzierte Nachfrage gibt“. Das bedeute, die Kosten pro Kopf seien in Ballungsräumen sehr viel höher als auf dem Land.

Als dritten Punkt, der relativ rasch in Angriff genommen werden könnte, nannte Straub einen Hochrisikopool. Über diesen sollen extrem teure Krankheiten ausgeglichen werden. Einen solchen Pool gab es bereits von 2002 bis 2008.

Gröhe und auch das Bundesversicherungsamt (BVA) sehen keinen akuten Handlungsbedarf. Die zuständige Bundesbehörde unterstellt den Kassen indirekt, dass viele der wirtschaftlichen Probleme hausgemacht seien.

Nach Darstellung von Krankenkassen führen die „Verwerfungen" im Finanzausgleich auch dazu, dass die Zusatzbeiträge zur Krankenversicherung, die die Kassen selbst festlegen können, auseinanderdriften. Im Gesundheitsministerium hält man diesen Wettbewerb unter den Kassen zugunsten der Versicherten für richtig. Allerdings müsse man im Auge behalten, dass die Zusatzbeiträge der einzelnen Kassen nicht zu weit auseinanderdrifteten.

Straub wies die Darstellungen des BVA zurück, wonach die Probleme einiger Kassen hausgemacht seien. Die Kassen könnten nicht durch Verhandeln mit Ärzten oder Krankenhäusern „die Versorgerdichte und damit das Kostenniveau in Berlin oder Hamburg, aber auch in München, Frankfurt oder Köln ändern“.

Straub sagte aber auch, angesichts der zu Ende gehenden Legislaturperiode und des heraufziehenden Bundestagswahlkampfes sei die Wahrscheinlichkeit gering, dass die Politik ein solches heißes Eisen wie den Morbi-RSA noch anfasse.

Gesetzliche Krankenkassen haben Versicherte mit unterschiedlich schweren gesundheitlichen Problemen. Ihr Kostenrisiko ist also verschieden. 1994 wurde daher ein Risikostrukturausgleich (RSA) eingeführt. Der richtete sich damals vor allem nach Alter und Geschlecht der Versicherten sowie etwa danach, ob Versicherte eine Erwerbsminderungsrente beziehen.

2009 wurde parallel zum Gesundheitsfonds der RSA weiterentwickelt zum Morbi-RSA. Dieser richtet sich auch nach der Morbidität, also der Krankheitshäufigkeit der Versicherten einer Krankenkasse.