Fragwürdiger Einsatz in Kelsterbach

FDP fragt nach Polizeigewalt gegen Apotheker Alexander Müller, 11.10.2021 11:00 Uhr

Die FDP-Abgeordneten Stefan Müller und Dr. Jörg-Uwe Hahn (im Bild) haben eine kleine Anfrage an die schwarz-grüne Landesregierung in Hessen gestellt. Foto: FDP-Fraktion Hessen
Berlin - 

Der Fall mutmaßlicher Polizeigewalt gegen einen Apotheker befasst jetzt den hessischen Landtag: Die FDP-Abgeordneten Stefan Müller und Dr. Jörg-Uwe Hahn haben eine kleine Anfrage an die schwarz-grüne Landesregierung gestellt. Sie wollen wissen, ob der Einsatz von Schlagstöcken gegen den Apotheker gerechtfertigt war. Hahn verweist im Gespräch mit APOTHEKE ADHOC darauf, dass es sich nicht um einen Einzelfall handelt.

Die Polizeibeamten hatten den Parkplatz vor der Europa-Apotheke in Kelsterbach genutzt, um Verkehrskontrollen durchzuführen. Apothekeninhaber Dr. Okan Osman-Oglou hat – nach seinen Angaben freundlich – darauf hingewiesen, dass er nicht möchte, dass seine Privatparkplätze blockiert werden. Tatsächlich befindet sich die Polizeistation schräg gegenüber. Nach Darstellung der Polizei soll der Apotheker mit erhobenen Armen und laut brüllend auf die Streife gekommen sein. Zeugen widersprachen dieser Version gegenüber APOTHEKE ADHOC. Die Situation eskalierte, Osman-Oglou wurde mit Schlagstöcken malträtiert und schließlich mit auf die Polizeiwache genommen. Beide Seiten haben Anzeige gestellt.

Der FDP-Abgeordnete Hahn ist Vizepräsident des Hessischen Landtags und kennt die Problematik deshalb: „Alle drei bis vier Monate befasst uns das im Landtag“, sagte er gegenüber APOTHEKE ADHOC. Gemeint ist das Thema unverhältnismäßige Polizeigewalt, auch wenn Hahn es etwas vorsichtiger formuliert: „Wir haben eine Häufung von eigenartigen Begegnungen zwischen Polizeibeamten und Bürgern.“

Es sei keine Struktur zwischen den Einzelfällen zu erkennen, aber eine Tendenz: „Wir haben schon eine besondere hessische Polizei“, so Hahn. Er verweist auf den Fall in Groß-Gerau im vergangenen Monat. Bei einem Einsatz zwei Polizeibeamte auf offener Straße mindestens 15 Mal auf einen Mann geschossen haben. Und dann gab es noch den Skandal um rechte Chats im hessischen SEK, das daraufhin bei der Bereitschaftspolizei angesiedelt wurde.

Zur „Personenkontrolle mit Schlagstockeinsatz“ vor der Europa-Apotheke wollen die FDP-Abgeordneten Müller und Hahn wissen, welche Kenntnisse der Landesregierung zu dem Polizeieinsatz vorliegen. Und konkret: „Welche Gründe lagen aus Sicht der Polizeibeamten vor, die einen Einsatz von Schlagstöcken nach ihrer Ansicht rechtfertigten?“ Die Landesregierung soll eine eigene Bewertung des Sachverhalts abgeben. Eine Antwort des Innenministeriums von Peter Beuth (CDU) liegt noch nicht vor.

Laut Hahn wurde der Fall in der vergangenen Woche bereits im Innenausschuss des hessischen Landtags angesprochen. Hier wurde die Stellungnahme der Polizei verlesen, weitere Fraktionen haben Hahn zufolge aber den Wunsch geäußert, über die Stellungnahme der Regierung informiert zu werden.

Die Abgeordneten fragen auch nach weiteren Details des Einsatzes: Ob es zutreffend sei, dass sich Apotheker Osman-Oglou bei der Überprüfung seiner Personalien gewehrt beziehungsweise einen Polizeibeamten im Gesicht verletzt habe. Zeugen hatten auch dieser Darstellung der Polizei widersprochen. Relativ leicht nachweisbar dürfte dagegen sein, dass der Apotheker Prellungen an den Beinen erlitten hat. Denn der Einsatz der Schlagstöcke ist auf Video festgehalten.

Abschließend wollen die FDP-Abgeordneten wissen, ob gegen Osman-Oglou strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet wurden oder ob diese geprüft werde und ob auf der anderen Seite dienst- beziehungsweise disziplinarrechtliche Ermittlungen gegen die beiden Polizeibeamten eingeleitet worden seien. „Wenn ja: Wie ist diesbezüglich der Sachstand? Wenn nein: warum nicht?“