EuGH-Urteil

Lauterbach: Nein zum Rx-Versandverbot Lothar Klein, 28.10.2016 14:05 Uhr

Berlin - 

In der Koalition zeichnet sich ein handfester Konflikt um das von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) angekündigte Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimittel ab. Für die SPD lehnt Fraktionsvize Professor Dr. Karl Lauterbach einen solchen Schritt kategorisch ab. Damit kann die ABDA ihre Hoffnungen auf ein Aushebeln des EuGH-Urteils vom 19. Oktober über diesen Weg begraben.

„Den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu verbieten, als Konsequenz aus der Entscheidung des EuGH von letzter Woche, ist falsch und dahingehende Forderungen sind abzulehnen“, so Lauterbach.

Gerade für chronisch kranke Menschen in strukturschwachen Gebieten mit wenigen Apotheken wäre es unzumutbar, ihnen diesen einfachen Weg der Arzneimittelversorgung abzuschneiden. „Der EuGH hat festgestellt, dass der Versandhandel mit Medikamenten in Deutschland zu sehr eingeschränkt ist. Da kann unsere Reaktion nicht darin bestehen, den Versandhandel komplett zu verbieten“, stellt sich Lauterbach gegen die Pläne von Gröhe. Man sollte vielmehr darüber nachdenken, wie die Beratungsleistungen in der stationären Apotheke besser vergütet werden können.

„Aber auch hier verbieten sich Schnellschüsse“, so Lauterbach weiter, vermutlich in Anspielung auf das Forschungsprojekt des Bundeswirtschaftsministeriums zur Neuordnung des Apothekenhonorars. Das Ergebnis des Forschungsprojekt soll erst im Herbst 2017 kurz vor der Bundestagswahl vorliegen. Damit dürften auch die Hoffnungen auf eine rasche Antwort der Bundesregierung platzen.

Heute morgen erst hatte Bundesgesundheitsministerium bestätigte, dass Gröhe seine Beamten mit der Erarbeitung einer gesetzlichen Rx-Versandverbotsregelung beauftragt habe. Offen sei noch, wie die Regelung umgesetzt werden soll. Möglich wäre eine Rx-Versandverbot im Rahmen der laufenden parlamentarischen Beratung des Pharmadialog-Gesetzes (AM-VSG). Dazu müssten die Koalitionsfraktionen einen Änderungsantrag einbringen.

Nach Angaben des BMG will Gröhe in den Koalitionsfraktion für ein gesetzliches Rx-Versandverbot werben. In der Unionsfraktion dürfte Gröhe damit auf offene Ohren stoßen. Mit Maria Michalk und Michael Hennrich haben sich führende CDU-Gesundheitspolitiker bereits für ein Rx-Versandverbot ausgesprochen. Auch CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt hat die Zustimmung der Schwesterpartei signalisiert. Unklar hingehen ist nach wie vor die Haltung der SPD. Die Abstimmung einer einheitlichen Position zum Rx-Versandverbot ist noch nicht erfolgt.

Parallel zu Gröhe arbeitet Bayerns Gesundheitsminister Huml an einer Gesetzesinitiative über den Bundesrat. „Es ist derzeit geplant, die Bundesratsinitiative im Rahmen der Behandlung des Gesetzentwurfs zum AM-VSG einzubringen, der am 9. November im Gesundheitsausschuss des Bundesrats beraten werden soll“, so das Bayerische Staatsministerium gegenüber APOTHEKE ADHOC. Bayern beabsichtigte, einen Änderungsantrag mit dem Ziel eines Verbots des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln im Bundesrat zu stellen. Die Details würden noch abgestimmt.

Ob die Initiative Bayerns in der Länderkammer eine Mehrheit findet, ist auch im Ministerium von Huml noch unklar: „Da sich die Bundesratsinitiative derzeit noch in der Abstimmung befindet, kann diese Frage zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beantwortet werden.“ Es wäre nicht das erste Mal, dass in der Länderkammer eine Initiative, die die Mehrheit der Gesundheitsminister der Länder gefunden hatten, von den Landesregierung schließlich abgelehnt wurde.

Auch die Postion des Kabinetts von Ministerpräsident Horst Seehofer ist nicht klar. Die Gesundheitsexperten der CSU- und SPD-Landtagsfraktionen flüchten sich nach einem Bericht der „Bayerischen Staatszeitung“ in vage Allerweltsauskünfte. Ex-CSU-Chef Erwin Huber (CSU), heute Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses im Landtag, warnt sogar vor einem Verbot des Internet-Arzneihandels: „Ich glaube nicht, dass man das verbieten kann“, sagt er der Staatszeitung.

Der Gesundheitsausschuss des Bundesrates berät am 9. November im ersten Durchgang das Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz (AM-VSG). Am 25. November wird der Gesetzentwurf im Plenum des Bundesrates von den Landesregierungen beraten. Anschließend wandert der Gesetzentwurf in den Bundestag. Dort steht am 14. Dezember die Beratung im Ausschuss für Gesundheit an. Die erste Lesung im Bundestag ist für den 15. Dezember geplant. Verabschiedet werden soll das AM-VSG in der letzten Sitzungswoche im Februar. Bis dahin können die Koalitionsfraktionen noch Änderungsanträge einbringen.