Alternative zum Boni-Verbot

Eine Tour: Botendienst und Boni-Deckel Alexander Müller, 07.08.2020 10:36 Uhr

Berlin - 

Der Botendienst für Apotheken soll dauerhaft vergütet werden, künftig aber nur noch mit 2,50 Euro. Das könnte der Grundstein für die Klärung der Rx-Boni-Frage sein. Sollte die EU-Kommission das von der Regierung geplante Rx-Boni-Verbot nämlich nicht absegnen, käme sehr wahrscheinlich der schon einmal angedachte Boni-Deckel wieder ins Gespräch. Tatsächlich wird über die Kombination Boni-Deckel / Botendiensthonorar in der Koalition schon länger nachgedacht.

Grundsätzlich entspricht es der Forderung der Abda, dass die eigentlich befristete Honorierung des Botendienstes über den 30. September hinaus geleistet wird. Ob die jetzt im Entwurf für ein Krankenhauszukunftsgesetz vorgesehene Absenkung des Honorars von 5 auf 2,50 Euro pro Botendienst noch im Sinne der Apotheker ist, dazu hat sich Abda noch nicht geäußert. Noch ist es ein Gesetzesentwurf mit der Möglichkeit zur Stellungnahme, allerdings werden die Krankenkassen mit Sicherheit von der anderen Seite ziehen.

Das Honorar wurde während der Corona-Krise eingeführt, auch um Personenkontakte in der Offizin möglichst zu reduzieren. Eine Entfristung des Honorars anerkennt den Service jetzt als Beitrag zur Sicherstellung der flächendeckenden Arzneimittelversorgung. Wie beim Nacht- und Notdienstfonds sollen damit vor allem die Vor-Ort-Apotheken gegenüber dem Versandhandel gestärkt werden.

Und in diesem Zusammenhang kommt das Boni-Verbot ins Spiel, beziehungsweise der Boni-Deckel. Seit dem EuGH-Urteil im Oktober 2016 können ausländische Versandapotheken Rabatte in unbegrenzter Höhe auf verschreibungspflichtige Arzneimittel gewähren. Da ein Rx-Versandverbot als Gegenmaßnahme juristisch wie politisch hoch umstritten ist, war schon früh eine gesetzliche Obergrenze für Rx-Boni im Gespräch. Der Vorschlag kam zuerst aus der SPD, doch auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Abda-Präsident Friedemann Schmidt hatten im Dezember 2018 gemeinsam ein Paket aus dem BMG vorgestellt, das einen Boni-Deckel bei 2,50 Euro vorsah. Schmidt konnte dies seinerzeit in den eigenen Reihen aber nicht durchsetzen, obwohl die Apotheken außerdem rund 360 Millionen Euro an zusätzlichen Honoraren erhalten sollten.

Die Vorzeichen könnten sich ändern, sollte Spahn mit seinem Boni-Verbot tatsächlich in Brüssel scheitern. Dann ließe sich vielleicht auch innerhalb der Apothekerschaft der Boni-Deckel durchsetzen. In Ermangelung von Alternativen wäre das Potenzial der EU-Versender damit zumindest gebremst. Kritiker befürchten, dass mit einer gesetzlich festgeschriebenen Lockerung der Preisbindung bald alle Dämme brechen. Inländische Apotheken, insbesondere die Versender, würden mit Sicherheit gegen die Ungleichbehandlung klagen.

Eine Lockerung der Preisbindung schlägt unter anderem die FDP vor. Die gesundheitspolitische Sprecherin Christine Aschenberg-Dugnus sprach sich im Interview mit APOTHEKE ADHOC für genau diese Kombination aus: Entfristung des Botendienst-Honorars und ein „Boni-Delta“. Die Höhe des Honorars sollten laut Aschenberg-Dugnus allerdings Kassen und Apotheker aushandeln, als zulässigen Rx-Rabatt schwebt ihr ein Korridor von ein bis zwei Euro vor.

Unter den Apothekern überwiegt die Skepsis. Bei einer aposcope-Umfrage am 3. August – also noch vor Bekanntwerden der Festschreibung des Botendiensthonorars – sollten die Teilnehmer zu der Aussage Stellung beziehen: „Wenn der Botendienst dauerhaft vergütet wird, könnte ich mit gedeckelten Rx-Boni leben.“ Die Zustimmung lag insgesamt bei nur 38 Prozent, 49 Prozent lehnen eine solche Verknüpfung ab. Unter den Inhabern ist die Ablehnung mit 71 Prozent noch deutlicher (s. Charts in der Galerie). Allerdings dürfte die Einstellung zu einem Boni-Deckel maßgeblich davon abhängen, ob dieser nur für ausländische Versandapotheken gilt oder ob alle Apotheken Rabatte auf verschreibungspflichtige Arzneimittel gewähren dürfen.

Ganz aufgegeben haben die Apotheker ihre Hoffnung auf ein Rx-Versandverbot auch noch immer nicht. Bei der aposcope-Umfrage gaben 47 Prozent an, dass ein RxVV aus ihrer Sicht noch Chancen hat, 43 Prozent glauben nicht mehr daran. Zwar werden innerhalb der Union immer mal wieder Stimmen laut, die diese Option ziehen wollen, wenn die EU-Kommission das Boni-Verbot ablehnt, innerhalb der aktuellen Koalition dürfte ein Rx-Versandverbot allerdings kaum durchzusetzen sein. Mit einem Boni-Deckel könnte die SPD dagegen sehr gut leben.