Versandapotheken

DocMorris-Anzeige bei Rewe: Inkorrektes Korrektiv

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Berlin -

Rewe muss für Werbung von DocMorris gerade stehen. Weil in einem Prospekt die Pflichtangaben zu versteckt waren, verurteile das Landgericht Köln (LG) den Lebensmittelhändler. Das Oberlandesgericht Köln (OLG) bestätigte die Entscheidung.

Rewe und DocMorris kooperieren seit 2012, seitdem tauchen regelmäßig Angebote der Versandapotheke in den Flyern des Discounters auf. Der im April 2019 verteilte Prospekt rief die Wettbewerbszentrale auf den Plan, denn an einer Stelle fehlte der obligatorische Sternchenhinweis: Ab Seite 8 wurden die Highlights der Versandapotheke präsentiert – auf der ersten Halbseite war ein Paar beim Walking in der Natur abgebildet; unter der Überschrift „Schwungvoll in den Frühling“ wurden daneben die Vorteile von Diclo-Ratiopharm erläutert und auf das aktuelle Sonderangebot hingewiesen.

Auf der gegenüberliegenden Seite – ebenfalls die komplette obere Hälfte einnehmend – war die Anzeige für das Schmerzgel zu finden. Nur hier fand sich hinter der Produktbezeichnung ein Sternchenhinweis, genauso wie bei den zwölf anderen auf den beiden unteren Seitenhälften abgebildeten Produkten. Im Kleingedruckten wurde dieser mit dem vorgeschriebenen Verweis auf Arzt und Apotheker aufgelöst. Im Eingangstext fehlte aber der Verweis auf die Fußnote.

Laut OLG fördert ein Werbetext, in dem „in ansprechender Form Informationen zum Anwendungsgebiet zur Bewerbung des Medikaments benutzt werden“, die Gefahr einer uninformierten Selbstmedikamentation, wenn als „Korrektiv“ lediglich „ein langweilig gestalteter Block mit hervorgehobenen Informationen zum Bezugsweg und Preis“ gegenübersteht.

Durch die Gestaltung der strittigen Doppelseite sei nicht hinreichend gewährleistet, dass der Verbraucher sich kein einseitiges Bild vom Wert des Arzneimittels bezüglich seiner gesundheitlichen Bedürfnisse mache. „Nicht wenige Verbraucher werden sich mit den anpreisenden Aussagen [...] begnügen und nach Überfliegen der nachfolgenden Medikamentenwerbung [...] sich nicht mehr mit den Sachangaben [...] beschäftigen, sondern sich nur noch für den Preis beziehungsweise die Ersparnis und den Bestellweg interessieren.“

Die Pflichtangaben dienen laut Urteil dem Schutz der gesundheitlichen Interessen der Verbraucher, die vollständig über bestimmte medizinisch relevante Merkmale eines Arzneimittels informiert und dadurch in die Lage versetzt werden sollen, sich über das jeweilige Präparat vor einem Kaufentschluss ein sachbezogenes Bild zu machen. „Dies setzt zunächst voraus, dass die Pflichtangaben, die vom Gesetzgeber als notwendiges Gegengewicht und Korrektiv zu regelmäßig nur positiven Werbeaussagen gedacht sind, vom Werbeadressaten als sachlich informativer Teil der Gesamtwerbung erkannt werden.“

Die Wahrnehmung der Pflichtangaben dürfe keinen zusätzlichen Aufwand oder besonderen Einsatz erfordern. „Denn nach der Lebenserfahrung wird ein erheblicher Teil der Angesprochenen eine für die nähere Wahrnehmung erforderliche Mühe scheuen und sich auf das Lesen des vom Werbenden ausgesuchten regelmäßig auffälliger und leicht lesbar gestalteten positiven Teils der Werbung beschränken.“

Es ist nicht das erste Mal, dass über die Pflichtangabe vor Gericht gestritten wird. Der Pflichttext muss genau genommen bei jeder OTC-Werbung für Laien gut sichtbar angegeben werden. Das gilt nicht nur für Flyer, Anzeigen in Zeitungen und TV-Spots, sondern auch für die Warenpräsentation in den Auslagen. So ging der Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) bereits gegen Apotheker vor, bei deren Schaufenstergestaltung der Hinweis fehlte.

Andererseits darf das Sternchen auch nicht bei jedem Produkt zu finden sein: Ein Versandapotheker aus Bayern wurde schon vor einigen Jahren abgemahnt, weil der Standardtext unter jedem Produkt zu lesen war – also auch bei Nahrungsergänzungsmitteln und Kosmetika. Die Wettbewerbszentrale sah darin eine Irreführung der Verbraucher und setzte vor dem Landgericht Bamberg ein Anerkenntnisurteil durch. In einem ähnlichen Fall wurde Apo-Discounter vor einem Jahr vom Oberlandesgericht Dresden (OLG) verboten, den Pflichttext bei jedem Produkt anzuzeigen.

Im Heilmittelwerbegesetz (HWG) ist geregelt, dass bei Werbung außerhalb der Fachkreise der Text „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt und Apotheker“ gut lesbar und von den übrigen Werbeaussagen deutlich abgegrenzt anzugeben ist.

 

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