BMG-Datenaffäre

Das Treffen, der Anruf und viele Widersprüche Alexander Müller, 23.02.2018 16:40 Uhr

Berlin - 

Im Prozess um die Datenaffäre des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) wurde heute vor dem Landgericht Berlin einer der Hauptzeugen befragt – die Ex-Frau des beklagten ehemaligen IT-Mitarbeiters des BMG. Die Verhandlung dauerte rund sechs Stunden, auch weil sich die Zeugin in Widersprüche verstrickte.

Die Zeugin will bei der ersten Datenübergabe zwischen dem IT-Administrator H. und dem damaligen ABDA-Sprecher Thomas Bellartz dabei gewesen sein. Ihrer Aussage nach hat sie im Auto gewartet, während ihr damaliger Mann eine CD übergeben wollte. Bei der Befragung stellte sich allerdings heraus, dass sie – anders als in bisherigen Vernehmungen behauptet – die Übergabe doch nicht selbst gesehen hatte. Mehr noch: Bellartz will sie zwar später auf einem Foto bei der Polizei wiedererkannt haben, aber nachdem sie ihn mehrfach im Fernsehen gesehen hatte.

Nach ihrer Kenntnis seien die Daten für den Apothekerverband bestimmt gewesen. Auf wessen Initiative der vermeintliche Datenklau zurückging, konnte sie nicht sagen: Ihr Mann sei aber dem Geld immer „hinterher gewesen“.

Keine genauen Angaben konnte sie zu den vermeintlichen Treffen machen: Jede Woche hätten sich die beiden Angeklagten nicht getroffen, aber vermutlich zwei- bis dreimal im Monat. Ihr ehemaliger Mann habe des Öfteren Bargeld mit nach Hause gebracht, teilweise allerdings auch aus anderen Nebentätigkeiten. Alle Einnahmen seien in eine gemeinsame Kasse geflossen, aus der Anschaffungen und Kreuzfahrten bezahlt wurden. Geld sei auch auf das gemeinsame Konto eingezahlt worden.

Die Zeugin hatte sich 2011 von ihrem Mann getrennt und war mit ihrem Lebensgefährten nach Süddeutschland gezogen. Parallel lief aber noch der Streit um das Sorgerecht für das gemeinsame Kind. Kurz bevor sie – beziehungsweise ihr neuer Mann – im September 2012 anonym das BMG über den vermeintlichen Datendiebstahl unterrichteten, wurde ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihr Kind und später auch das Sorgerecht entzogen.

Dies habe mit der Anzeige nichts zu tun, gab die Zeugin entschieden zu Protokoll. Der Fall habe sie einfach so sehr belastet, dass sie ihn, um mit der Vergangenheit abzuschließen, aufklären wollte. Auch ihr neuer Mann sprach von einer „Bürgerpflicht“, allerdings will er es nach seiner Aussage gewesen sein, der den Anstoß für den Anruf gab.

Nachdem es zahlreiche weitere Unstimmigkeiten in der Aussage gab, erschütterte die Verteidigerin des ehemaligen IT-Administrators am Ende der Befragung die Glaubwürdigkeit der Zeugin noch einmal erheblich: Ob sie vor Gericht stets die Wahrheit sage, wurde S. gefragt und schließlich mit der Tatsache konfrontiert, dass sie im Zusammenhang mit ihrer Aussage zum angeblichen Datendiebstahl wegen Falschaussage vor Gericht einen Strafbefehl über 600 Euro erhalten hatte. Dass auch die Staatsanwaltschaft Potsdam ein Verfahren wegen einer Falschaussage geführt habe, konnte sich die Zeugin nicht erklären. Sie wurde in diesem Fall aber auch nicht verurteilt.

H. wird auch ein Einbruch zur Last gelegt, bei dem er 55.000 Euro erbeutet haben soll. Die Zeugin will auch dabei im Auto gewartet haben; an den gemeinsamen Einkauf einer Brechstange erinnerte sie sich erst auf Nachfrage. Sie will das Werkzeug zur Tatzeit aber nicht bei H. gesehen haben.

Unstimmigkeiten gab es auch zum Bekanntwerden des vermeintlichen Datendiebstahls. Der neue Lebensgefährte der Zeugin sagte aus, dass er zunächst zweimal anonym mit dem namentlich bekannten IT-Chef des BMG telefoniert hatte. Dass er das Telefonat tatsächlich mit einem anderen Mitarbeiter geführt hatte, der in der vergangenen Woche dazu ausgesagt hatte, konnte sich der Zeuge nicht erklären. Der Richter nahm auch diesen Widerspruch zu Protokoll.