Bundestagswahl

Nowak: Lauterbachs taktischer Tunnel-Deal Lothar Klein, 14.08.2017 10:52 Uhr

Berlin - 

Während der Wahlkampf auf Bundesebene noch nicht so richtig in Fahrt gekommen ist, hat er im Wahlkreis von Karl Lauterbach sein Thema gefunden: Der Sinneswandel des SPD-Gesundheitspolitikers zum Autobahnbau sorgt für Aufregung: Jetzt wirft ihm sein CDU-Gegenkandidat Helmut Nowak ein durchsichtiges wahltaktisches Manöver vor: „Man könnte auf den Gedanken kommen, dass das mit dem Versprechen zu tun hat, dass er die Stimmen des zurückgezogenen „Lev muss leben“-Kandidaten Daniel Werner bekommt.“

Offenbar habe Lauterbach erhebliche Sorge um den Verlust seines Bundestagsmandats. Nowak: „Nur so ist sein plötzliches Einschwenken auf die Linie von ‚Lev muss leben‘ zu erklären. Damit stößt er der eigenen SPD-Fraktion vor den Kopf, die sich deutlich für den kurzen Tunnel ausgesprochen hatte.“

Bei der Bundestagswahl 2013 hatte Lauterbach den Wahlkreis Köln-Mülheim/Leverkusen knapp mit 3000 Stimmen Vorsprung gewonnen. Jetzt macht sich CDU-Kandidat Nowak angesichts des Ausgangs der NRW-Landtagswahl Hoffnungen, Lauterbach seinen Parlamentsplatz abjagen zu können. Lauterbach ist über die SPD-Landesliste nicht auf einem aussichtsreichen Platz abgesichert, so dass seine Wiederwahl nur über das Direktmandat erfolgen kann.

Seit Längerem sorgt in Köln die Zukunft der maroden, aber viel befahrenen Autobahnbrücke im Norden für Diskussionen. Es gibt mehrere Vorschläge zur Sanierung, Neubau und verschiedenen Tunnel-Lösungen. Nowak hält Lauterbach vor, dass er noch im Juli ein zunächst „unabhängiges Gutachten“ dazu gefordert habe, um Fragen zur Machbarkeit zu beantworten.

Dieses Gutachten sollte nach seinen Planungen erst im Februar 2018 fertig werden: Nach der Bundestagswahl im Oktober 2017 sollte ein Gutachter ernannt werden, so Nowak: „Plötzlich braucht er die Beantwortung dieser Fragen nicht mehr.“ Damit führe er seine noch vor kurzem getroffenen Aussagen ad absurdum. Lauterbach betone jetzt öffentlich, dass er von der Bürgerinitiative „weder unter Druck gesetzt, geschweige denn erpresst worden sei“. Nowak: „Bei der beschriebenen Vorgeschichte scheint mir das auch dringend nötig.“

Nach seinem Schwenk auf die Position der Leverkusener Bürgerinitiativen für einen langen Autobahntunnel unter dem Rhein hatten diese daraufhin ihren eigenen Bundestagskandidaten Daniel Werner zurückgezogen. Im Gegenzug versprach Lauterbach, für einen langen Autobahntunnel plus sanierter Rheinbrücke im Kölner Norden zu kämpfen und dafür an Veranstaltungen der Bürgerinitiativen teilzunehmen. Außerdem sagte Lauterbach zu, das Projekt Rheintunnel nach seiner Wiederwahl in den Bundestag zu tragen. Die Bürgerliste Leverkusen ruft dafür zu seiner Wahl am 24. September auf.

„Ich trete als Kandidat zurück und unterstütze die Kandidatur von Karl Lauterbach", verkündete Daniel Werner, Ex-Direktkandidat, bei einem gemeinsamen Pressegespräch am 8. August von Bürgerinitiative und Lauterbach: „Wenn zwei Leute für dasselbe Ziel eintreten, ist das nicht zielführend.“ Zumal er als Direktkandidat nur etwa 2 bis 3 Prozent der Stimmen erwarten könne, wie die Landtagswahl gezeigt habe.

Genau diese Stimmen könnten jetzt dem SPD-Bundestagsabgeordneten bei seiner Wiederwahl helfen. Mit dem Tunnel-Deal steigen Lauterbachs Wahlchancen signifikant. Vor vier Jahren unterstützte die Bürgerliste noch den CDU-Kandidaten Nowak. „Die Belastung mit Feinstaub, Stickoxid und Lärm ist in Leverkusen sehr hoch“, bestätigte Lauterbach seinen Sinneswandel zum Tunnelprojekt. Dadurch steige die Gesundheitsgefährdung für die Bevölkerung. Etwa 150 bis 200 Leverkusener pro Jahr würden dadurch an Herzinfarkten oder Schlaganfällen sterben. „Hinzu kommen Demenzerkrankungen“, zitiert die Rheinische Post den Mediziner.

Aufgrund neuer Studien habe er seine Meinung zum A1-Ausbau geändert. „Ich bin jetzt überzeugt, dass sich nur mit einem langen Tunnel die Luftverschmutzung in Leverkusen um etwa 20 bis 25 Prozent senken lässt.“ Im Bundestag wolle er sich daher bei einer Wiederwahl für diese Lösung einsetzen. Und gegebenenfalls einen sogenannten Entschließungsantrag einbringen, damit auch die „Kombilösung“ geprüft wird.

Sein Sinneswandel hin zur Kombilösung fuße einzig auf neuen wissenschaftlichen Untersuchungen. Die Studien aus den USA über die Wirkung von Feinstaub und Stickoxiden auf die Gesundheit ließen – übersetzt auf die Leverkusener Verhältnisse – nur den Schluss zu: „Die Stadt braucht so viel Autobahntunnel wie möglich.“