BMG-Datenskandal

„Wir kennen keine Anklage“

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Berlin -

Nach mehr als einem Jahr hat die Berliner Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen zum vermeintlichen Datenskandal im Bundesgesundheitsministerium (BMG) abgeschlossen. Jetzt soll beim zuständigen Landgericht Anklage gegen zwei Beschuldigte erhoben werden, darunter der ehemalige ABDA-Sprecher Thomas Bellartz. Doch es gibt Probleme beim Einreichen der Klageschrift: Die Beschuldigten wehren sich gegen das Vorgehen der Ermittler.

Nach dem Abschluss der Untersuchungen vor einigen Wochen hat der zuständige Staatsanwalt Anklage eingereicht. Allerdings weigert sich das Landgericht dem Vernehmen nach bislang, die Klage zuzustellen. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, bestätigte, dass die Entscheidung den Betroffenen noch nicht zugestellt worden sei, weshalb keine weiteren Angaben gemacht würden.

„Die Staatsanwaltschaft hat nach meiner Kenntnis bekannt gegeben, dass die Ermittlungen abgeschlossen sind“, erklärt Gerichtssprecher Dr. Tobias Kaehne. „Ob die abschließende Entscheidung der Staatsanwaltschaft eine Einstellung des Verfahrens oder eine Anklageerhebung ist, kann öffentlich erst bekannt gemacht werden, wenn die Verfahrensbeteiligten darüber informiert worden sind. Dies ist jedoch noch nicht geschehen.“

Sollte es eine Anklage geben, müsste das Gericht prüfen, ob es das Hauptverfahren eröffnet. Bellartz' Anwalt Professor Dr. Carsten Wegner weist jedoch darauf hin, dass er im vergangenen Frühjahr zum letzten Mal Akteneinsicht erhalten habe. „Wir kennen die Anklage nicht und auch ein polizeilicher Schlussbericht liegt uns nicht vor“, so Wegner.

Wegner wundert sich auch über die Medienberichte, in denen auf Aussagen der Staatsanwaltschaft verwiesen wird: „Die Staatsanwaltschaft sollte vor der Erhebung einer Anklage zunächst einmal mit der Verteidigung reden, anstatt mit verfahrensfremden Dritten.“ Er verweist ferner darauf, dass Bellartz auch niemals zu einer Vernehmung geladen worden sei.

Steltner wollte auf den Inhalt der Anklage nicht eingehen. Laut Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) wird den Beschuldigten vorgeworfen, sich unberechtigt Zugang zu Dokumenten aus der Leitungsebene des Ministeriums verschafft und diese gestohlen zu haben. Dies will die Zeitung „in Berlin“ erfahren haben.

Dem FAZ-Bericht zufolge ließen sich Mutmaßungen, die Initiative sei von der ABDA ausgegangen, in den Ermittlungen nicht erhärten. Steltner wollte auch das auf Nachfrage nicht bestätigten. Die ABDA hatte alle Vorwürfe von sich gewiesen; die aktuelle Berichtserstattung will man in der Jägerstraße nicht kommentieren.

Wie „Spiegel online“ unter Berufung auf „Dokumente“ berichtet, soll der Maulwurf – ein IT-Mitarbeiter eines externen Dienstleisters – vor allem sensible Daten gestohlen haben, darunter E-Mails zu Gesetzentwürfen.

Laut den Unterlagen habe der Mann seit 2010 einmal in der Woche die Sicherheitsschranken ignoriert, Inhalte kopiert und diese „aktiv“ für 500 oder 600 Euro weiter verkauft, so „Spiegel online“.

Nach einem anonymen Hinweis hatte das BMG im Herbst 2012 die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Wenige Wochen später hatte es Durchsuchungen gegeben. Der frühere Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hatte von den Behörden und von der ABDA rasche Aufklärung gefordert und mit Ergebnissen bis Sommer gerechnet.

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