Ausnahmegenehmigung

Bis 31. August: Apotheken dürfen Desinfektionsmittel herstellen APOTHEKE ADHOC, 04.03.2020 17:27 Uhr

Eigenherstellung gestattet: Apotheken dürfen ab sofort und bis zum 31. August selbst Händedesinfektionsmittel herstellen. Foto: Pixabay
Berlin - 

Apotheken dürfen ab sofort auch offiziell isopropanolhaltige Desinfektionsmittel selbst herstellen. Das hat die Bundesstelle für Chemikalien am Mittwoch mit einer Allgemeinverfügung genehmigt. Die Ausnahmegenehmigung gilt bis zum 31. August und nur für bestimmte Rezepturen.

Desinfektionsmittel sind wegen der Sars-CoV-2-Epidemie zur begehrten Mangelware geworden. „Die Anzahl der Personen in Deutschland, bei denen eine solche Infektion nachgewiesen wurde, ist derzeit noch sehr klein, dennoch ist bereits eine Knappheit an Desinfektionsmitteln eingetreten“, so die bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin angesiedelte Behörde. „Aus diesem Grunde gibt die Bundesstelle für Chemikalien als zuständige Behörde nach Abstimmung mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit die Allgemeinverfügung zur Zulassung 2-Propanol-haltiger Biozidprodukte zur hygienischen Händedesinfektion (…) bekannt“, so die Behörde am Mittwoch.

Artikel 55 Absatz 1 der EU-Biozid-Verordnung: Der zufolge können zuständige Behörden für eine Dauer von maximal 180 Tagen gestatten, dass bestimmte Biozidprodukte unter beschränkten und kontrollierten Bedingungen bereitgestellt und verwendet werden. Bedingung ist die Notwendigkeit für die öffentliche Gesundheit. Im Bewusstsein um die vorherrschenden Lieferschwierigkeiten verweist die Bundesanstalt in ihrer Allgemeinverfügung auch darauf, dass dennoch auch die Versorgung mit Produkten mit dem Wirkstoff Isopropanol sichergestellt werden muss.

Was die Apotheken herstellen dürfen, ist explizit geregelt: Die Allgemeinverfügung gilt für die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Formulierung eines Mittels zur hygienischen Händedesinfektion aus 7515 ml 99,8-prozentigen Isopropylalkohol, 417 ml 3-prozentigen Wasserstoffperoxid, 145 ml 98-prozentigen Glycerol und sterilem Wasser ad 10000 ml sowie für das 2-Propanaol-Wasser-Gemisch 70 Prozent (v/v). Für ethanolhaltige Händedesinfektionsmittel gilt die Verfügung nicht.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte den Schritt am Dienstag bereits öffentlich angekündigt. Desinfektionsmittel seien „ein Thema“, sagte Spahn im ZDF Heute-Journal. Er wolle „möglich machen, dass sie sie wieder leichter herstellen können in den Apotheken. Das glaube ich, kriegen wir wieder in den Griff.“ Das Bundesgesundheitsministerium erklärte, dass eine Ausnahmeregelung für Apotheken zur Herstellung von Desinfektionsmittel bereits in Arbeit sei.

Die ABDA-eigene PZ hatte zuvor berichtet, dass Desinfektionsmittel – egal ob zur Flächen- oder Händedesinfektion – unter die EU-Biozidverordnung fielen und deshalb nicht von Apotheken ohne Zulassung hergestellt werden dürften. Sobald die rechtlichen Hürden für eine Herstellung von Desinfektionsmitteln in der Apotheke aus dem Weg geräumt seien, werde die ABDA die Apotheken über die Mitgliedsorganisationen informieren und auch Empfehlungen für entsprechende Rezepturen aussprechen.

Allerdings gab es in den ABDA-Mitgliedsorganisationen auch andere Einschätzungen zur Herstellung von Desinfektionsmitteln: Die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg informierte ihre Mitglieder aktiv über die Eigenherstellung: „Da aktuell die Verfügbarkeit von Handdesinfektionsmitteln stark eingeschränkt ist, verweisen wir auf die Möglichkeit der Eigenherstellung in der der Apotheke.“ Die Kammer bezog sich dabei auf den Weltapothekerverband FIP, der seinerseits auf die beiden von der WHO empfohlenen Rezepturen verweist.