Patienten übertragen Zuckerwerte automatisch

Bayern: Telemedizin verbessert Diabetes-Versorgung APOTHEKE ADHOC, 09.08.2021 12:44 Uhr

Vom Finger direkt in die Datenbank: Einem Pilotprojekt in bayern zufolge können telemedizinische Anwendungen die Diabetes-Versorgung verbessern. Foto: Syda Productions/shutterstock.com
Berlin - 

Die engmaschige ärztliche Überwachung von Diabetes-Patient:innen mittels Telemedizin verbessert deren therapeutische Versorgung. Zu diesem Ergebnis gelangte ein gemeinsames Projekt des bayerischen Gesundheitsministeriums und der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB). Knapp 100 Patient:innen hatten ein halbes Jahr lang ihre Blutzuckerwerte automatisch an ein zentrales Portal gesendet, auf das die Ärzt:innen zugreifen konnten.

„Das von uns geförderte Digitalisierungsprojekt der KVB zeigt, dass Patientinnen und Patienten mit einer Diabetes-Erkrankung von einer engmaschigen Betreuung via Telemedizin profitieren“, erklärte Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) am Sonntag bei der Vorstellung der ersten Ergebnisse. Auch die Arbeit der Diabetologen werde dadurch effizienter.

13 von ihnen in zwölf diabetologischen Schwerpunktpraxen hatten an dem Projekt teilgenommen, das vom Berufsverband niedergelassener Diabetologen in Bayern (bndb) unterstützt wurde. Knapp 100 Patient:innen mit unzureichender Glukosekontrolle (HbA1c ≥ 7,5 %) hatten dabei sechs Monate lang automatisiert ihr Glukoseprofil in ein Portal geladen. Die Diabetologen konnten diese Daten jederzeit und räumlich unabhängig einsehen und als Grundlage für eine fundierte Therapieempfehlung auswerten. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass ein konsequentes Monitoring in Kombination mit einer individuellen und telemedizinisch unterstützten ärztlichen Betreuung maßgeblich dazu beitragen kann, den Stoffwechsel von Menschen mit Diabetes mellitus zu verbessern beziehungsweise zu stabilisieren, erklärt das Institut für angewandte Versorgungsforschung (Inav), das das Projekt begleitet hat und evaluiert.

Die Evaluation sollte demnach untersuchen, ob die Versorgung von Patient:innen mit Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 sowie intensivierter Insulintherapie mittels Telemedizin zu einer Verbesserung der glykämischen Stoffwechsellage führt. Primärer Endpunkt war der HbA1c-Wert. Als sekundäre Fragestellungen untersucht das Inav Zusatzkosten der Intervention, weitere Indikatoren zur glykämischen Stoffwechselsituation, die Umsetzbarkeit des Ansatzes im Praxisalltag und im Alltag der Betroffenen sowie die Therapiezufriedenheit der Patient:innen.

Die KVB wiederum – die das Projekt geleitet hat – lobt, dass es einerseits Chancen der Digitalisierung zur Unterstützung der ambulanten Versorgung von Versicherten aufgezeigt habe. Andererseits sei die telemedizinische Betreuung eine weitere Belastung der niedergelassenen Ärzt:innen: Es sei durch das Projekt auch deutlich geworden, welche Aufwände die Digitalisierung in den Praxen verursacht, so die KVB. „Diese zusätzlichen Aufwände zum normalen Praxisbetrieb müssen angemessen berücksichtigt werden. Insofern freut es uns, dass die Vereinbarung einer zusätzlichen Leistung ‚Telemedizinisches Gesundheitscoaching‘ mit den Krankenkassen und -verbänden in Bayern möglich war“, so die KVB-Vorstandsmitglieder Dr. Wolfgang Krombholz, Dr. Pedro Schmelz und Dr. Claudia Ritter-Rupp in einem gemeinsamen Statement.

Im Juli ist die telemedizinische Therapie für Diabetes-Patient:innen in Bayern als neue Leistung der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen worden, erklärte Holetschek. Vor allem angesichts der Corona-Krise sehe er einen hohen Nutzen in der Telemedizin. „Die gute Bilanz des Projekts überzeugt: Damit kann die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Typ 1- und 2-Diabetes in Bayern spürbar verbessert werden – gerade auch in Zeiten der Pandemie“, so der Minister. „Die Pandemie hat uns die Vorteile telemedizinischer Angebote deutlich vor Augen geführt. Mit Telemedizin ist eine engmaschige Betreuung von Patientinnen und Patienten auch zuhause möglich. Jetzt gilt es, die Offenheit für das Thema auch über die Pandemie hinaus zu nutzen und die Digitalisierung verantwortungsvoll voranzutreiben.“

Das bayerische Gesundheitsministerium hatte das Vorhaben mit rund 100.000 Euro gefördert. Holetschek deutet an, dass es nicht die letzte Investition in diese Richtung war. „Die Ergebnisse bekräftigen die Bedeutung von Projekten, die den Fokus auf die Digitalisierung in Gesundheit und Pflege legen.“ Sie würden neue Beratungsmöglichkeiten auf Basis innovativer, digitaler Anwendungen ermöglichen, die die Versorgungsqualität und Versorgungssicherheit weiter verbessern. „Gerade in Zeiten der Pandemie hat dieses Projekt gezeigt, dass eine qualitativ hochwertige Betreuung durch Diabetologen auch telemedizinisch erfolgreich ist“, so Holetschek.