Arzneimittel

BAH: Mehrwertsteuer auf 7 Prozent senken APOTHEKE ADHOC, 04.10.2017 15:22 Uhr

Unverhältnismäßige Abgabe: Dr. Hermann Kortland, stellvertretender BAH-Hauptgeschäftsführer, fordert eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel. Foto: Svea Pietschmann
Berlin - 

Die EU-Komission hat heute eine umfassende Reform der Mehrwertsteuer vorgeschlagen. Damit soll der Betrug beim grenzüberschreitenden Warenverkehr bekämpft werden. In diesem Zusammenhang soll auch die neue Bundesregierung das derzeitige System der Mehrwertsteuer für Arzneimittel in Deutschland überdenken. Dies fordert Dr. Hermann Kortland, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH).

„Dass auf Arzneimittel 19 Prozent Mehrwertsteuer erhoben werden, ist unverhältnismäßig und belastet sowohl unser Gesundheitssystem als auch die privaten Haushalte massiv“, so Kortland. Lebensmittel als Gegenstände des täglichen Bedarfs würden zurecht mit nur 7 Prozent versteuert. „Nicht nachvollziehbar ist jedoch, dass in Deutschland auf Produkte wie Tierfutter, Taxifahrten und Schnittblumen 7 Prozent erhoben werden, während auf Arzneimittel, die zumeist täglich benötigt werden und nicht selten lebensnotwendig sind, 19 Prozent anfallen. Auch sie sollten nur mit dem Mindestsatz besteuert werden“, so Kortland weiter.

Würde man den reduzierten Mehrwertsteuersatz berücksichtigen, könnte allein die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) etwa vier Milliarden Euro pro Jahr einsparen. „Die frei werdenden Mittel könnten für ein verbessertes Leistungsangebot oder Beitragssatzsenkungen genutzt werden“, sagt Kortland.

Ein reduzierter Mehrwertsteuersatz auf Arzneimittel gilt laut BAH in vielen Ländern Europas. In bestimmten Staaten entfalle die Steuer für einige Arzneimittel sogar gänzlich. Deutschland gehöre zu den wenigen Ländern, in denen der Staat den vollen Satz erhebe. Nach Dänemark und Bulgarien sei die Bundesrepublik einer der EU-Staaten, die den höchsten Mehrwertsteuersatz auf Arzneimittel verzeichnen. Alle anderen Mitgliedstaaten lägen darunter.

Mit der größten Reform der EU-Mehrwertsteuervorschriften seit einem Vierteljahrhundert soll das System laut EU-Kommission für Regierungen und Unternehmen gleichermaßen verbessert und modernisiert werden. Insgesamt gingen jedes Jahr mehr als 150 Milliarden Euro verloren. Schätzungen zufolge verursacht allein der grenzüberschreitende Betrug Mehrwertsteuereinbußen von rund 50 Milliarden Euro jährlich. Diese Gelder könnten zur Finanzierung von kriminellen Vereinigungen, einschließlich des Terrorismus, genutzt werden. Durch die vorgeschlagene Reform könnten die Steuerausfälle um 80 Prozent verringert werden.

Mit dem Paket schlägt die Kommission vor, das derzeitige Mehrwertsteuersystem grundlegend zu verändern, indem auf den grenzüberschreitenden Handel zwischen Unternehmen Mehrwertsteuer erhoben wird. „Diese Art von Handel ist derzeit von der Mehrwertsteuer befreit, was skrupellose Unternehmen dazu verleitet, die Mehrwertsteuer einzuziehen und dann zu verschwinden, ohne die Mehrwertsteuer an die Regierung abzuführen“, heißt es in der Mitteilung der EU-Kommission.

Die EU-Kommission wird ihren Vorschlag nun den Mitgliedstaaten im Rat zur Zustimmung und dem EU-Parlament zur Stellungnahme vorgelegt. Die Kommission wird anschließend im Jahr 2018 einen detaillierten Vorschlag zur Änderung der sogenannten Mehrwertsteuerrichtlinie vorlegen.