Apothekeninsolvenz

Eigenverwaltung: Raus aus der Krise

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Berlin -

Pro Jahr verliert Deutschland rund 200 Apotheken, wie viele Kollegen aus wirtschaftlichen Gründen aufgeben, ist nicht bekannt. Häufigster Grund finanzieller Engpässe sind zu hohe Schulden, wenig frequentierte Standorte, zu teure Mieten oder Leasingraten. Dann droht die Insolvenz. Als sanfteren Ausweg gegenüber einem oft durch Fremdanträge von Gläubigern oder Sozialversicherungsträgern eingeleiteten Regelinsolvenzverfahren bietet sich in vielen Fällen eine Insolvenz in Eigenverwaltung an.

„Die Regelinsolvenz bedeutet für den Apotheker nicht nur den Verlust seines Unternehmens, sondern oft auch die Vernichtung seiner Existenzgrundlage, da ihm die Entziehung der berufsrechtlichen Zulassung droht“, so Dr. Hubertus Bartelheimer, Fachanwalt für Insolvenzrecht der Kanzlei Buchalik Brömmekamp. Ein Insolvenzplanverfahren in Eigenverwaltung könne dies verhindern: „Es bietet eine attraktive und vielfältig erprobte Möglichkeit der Krisenbewältigung, denn die Eigenverwaltung steht für eine Fortführung der Apotheke und für den Erhalt mit und vor allem für den Apotheker.“

Bei einer Eigenverwaltung gibt der Apotheker die Führung nicht aus der Hand. Auch gegenüber Lieferanten und Kunden habe ein Eigenverwaltungsverfahren einen nicht zu unterschätzenden psychologischen Effekt: Der Apotheker zeigt, dass er in der Lage ist, eine Krise rechtzeitig zu erkennen und sein Unternehmen selbstständig aus dieser herauszuführen. Bartelheimer: „Mit dem Eigenverwaltungsverfahren kann er sein Lebenswerk für sich und seine Familie retten.“

Treten Zahlungsprobleme auf, sind die Spielräume oft eingeschränkt: Denn eine außergerichtliche Restrukturierung, eine Liquidation oder ein Regelinsolvenzverfahren scheitern nach Erfahrung der Kanzlei häufig an der Zustimmung der Gläubiger sowie an den wirtschaftlichen wie verfahrensrechtlichen Möglichkeiten.

Die Einsetzung eines Insolvenzverwalters ist ebenso keine Option für den Apotheker. Da der Verwalter die Geschäftsführung übernimmt und der Apotheker diese aufgeben muss, droht aufgrund des Berufsrechtes im schlimmsten Fall der Entzug der Betriebserlaubnis durch die Apothekerkammer. Die Folge wäre eine Liquidation der Apotheke, die sowohl für den Inhaber als auch für seine Gläubiger ein wirtschaftliches Fiasko darstellen.

Ein frühes Insolvenzplanverfahren in Eigenverwaltung bietet die Chance der Fortführung: Ist ein Apotheker zahlungsunfähig, muss er wie jeder andere Unternehmer zum Insolvenzgericht. Bereits bei einer drohenden Zahlungsunfähigkeit besteht die Möglichkeit, selbst einen Antrag auf Eigenverwaltung beim zuständigen Insolvenzgericht zu stellen.

Laut Bartelheimer stimmen die Richter in den meisten Fällen diesem Weg zu – wenn der Antrag professionell vorbereitet ist: Voraussetzung ist eine positive Fortführungsprognose für die Apotheke, „zumindest im Kern“. Die Prognose muss aufzeigen, dass dauerhaft gute operative Erträge durch die Fortführung der Apotheke oder auch nur eines Betriebsteils erzielt werden können. Die Gläubiger dürfen durch einen solchen Insolvenzplan allerdings nicht schlechter stehen, als beispielsweise in der Liquidation.

„Dieser Nachweis ist jedoch leicht zu führen, da die Liquidation der Apotheke für die meisten Gläubiger regelmäßig einen Totalausfall ihrer Forderungen bedeutet“, so der Insolvenzexperte. Darüber hinaus besteht bei einer Liquidation das Risiko einer Beschäftigungslosigkeit des Schuldners. Unabhängig davon, ob der Apotheker noch über seine Approbation verfügt, stelle sich für ihn die Frage, ob er unmittelbar nach Zerstörung seines Lebenswerkes bereit und in der Lage sei, eine abhängige Beschäftigung zu finden, um dann von den Pfändungsfreibeträgen seinen Lebensunterhalt zu gestalten.

In der Eigenverwaltung stehen dem Apotheker mehre Instrumente zur Generierung von Liquidität zur Verfügung. Beispielsweise werden sämtliche Löhne und Gehälter der Angestellten für bis zu drei Monate von der Bundesagentur für Arbeit (BA) übernommen. Zudem tragen die Aussetzung von Tilgung und Zinszahlung sowie Erleichterungen bei der Steuer bis zur Eröffnung des Verfahrens zu einer deutlichen Verbesserung der Liquidität bei. „Frisches Geld“ sei für eine solche Sanierung regelmäßig nicht nötig. Darüber hinaus könne sich der Apotheker ohne Beachtung der vertraglichen Kündigungsfristen von langjährigen und unrentablen Verträgen trennen.

Über einen Insolvenzplan könnten die Gläubiger dann aus der laufenden Geschäftstätigkeit die Quotenzahlungen für die Forderungen erhalten. „Das ist kein betriebswirtschaftliches Hexenwerk. Regelmäßig überzeugt dies auch kritische Gläubiger, zumal damit nicht nur die bestmögliche Gläubigerbefriedigung erreicht wird, sondern den Gläubigern zukünftig ein sanierter Geschäftspartner zur Verfügung steht“, so Bartelheimer.

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