Beschlussvorlage: Lockdown soll verlängert werden

Apotheken gefragt: Bundesregierung setzt auf Schnell- und Laientests

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Berlin -

Der aktuelle Lockdown soll bis in den März verlängert werden – denn zwar sinke die Inzidenz der Neuansteckungen gerade spürbar, die Politik dürfe die Gefahr nicht unterschätzen, die von den sich rasant verbreitenden Virusmutationen ausgeht. Das geht aus einem Entwurf für die Beschlussvorlage der gemeinsamen Konferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidenten der Länder am Mittwoch hervor, der APOTHEKE ADHOC vorliegt. Gleichzeitig soll aber eine Öffnungsstrategie entwickelt werden, bei der den in Apotheken durchgeführten Schnelltests eine besondere Bedeutung zukommt.

Am Mittwochabend dürfte erneut das Sitzfleisch der Berichterstatter strapaziert werden: Ab 14 Uhr tagen die Bundeskanzlerin und die Länderchefs wieder – und wenn sie diesmal pünktlich zur anberaumten Pressekonferenz fertig werden, statt die Öffentlichkeit Stunden warten zu lassen, wäre das eine mittlere Überraschung. Denn die Lage wirkt noch diffuser als beim letzten Mal: Die Zahl der Neuinfektionen sinkt spürbar, entsprechend machen vor allem einzelne Landespolitiker Druck, Öffnungen in den Blick zu nehmen. Gleichzeitig wird immer deutlicher, dass die offenbar deutlich ansteckenderen britischen, südafrikanischen und brasilianischen Sars-CoV-2-Mutanten sich auch hierzulande zunehmend ausbreiten. Es muss also ein Spagat zwischen Entspannung der Situation und Gefahr im Verzug gefunden werden.

Dem soll nun laut Beschlussvorlage Rechnung getragen werden. „Die tiefgreifenden Maßnahmen zur Kontaktreduzierung haben in den vergangenen Wochen zu einem deutlichen Rückgang des Infektionsgeschehens geführt. […] Für einige Bundesländer ist bereits eine Inzidenz unter 50 in Sichtweite, wenn auch noch nicht erreicht“, heißt es darin. „Gleichzeitig breiten sich Varianten des Coronavirus mit veränderten Eigenschaften aus.“ Die bisherigen Kontaktbeschränkungen müssten deshalb in den nächsten Wochen grundsätzlich beibehalten werden. Angedacht ist demnach eine Verlängerung des Lockdowns bis Mitte März. Denn: „Der Grundsatz ‚Wir bleiben zuhause‘ bleibt das wesentliche Instrument im Kampf gegen die Pandemie und rettet täglich Menschenleben.“

Öffnungsschritte müssten demnach „vor dem Hintergrund der Virusmutanten vorsichtig und schrittweise erfolgen“, damit eine erfolgreiche Eindämmung des Infektionsgeschehens nicht durch ein erneutes exponentielles Wachstum der Fallzahlen riskiert werde. „Niemandem wäre geholfen, wenn durch zu weitgehende oder zu schnelle Öffnungen erneute umfassende Einschränkungen des öffentlichen Lebens notwendig würden, weil das Infektionsgeschehen sich wieder beschleunigt.“ Gleichzeitig wollen Bundes- und Länderregierungen jedoch stärker als bevor eine Öffnungsperspektive aufzeigen – und setzen dabei auch wesentlich auf die Schnell- und Laientests der Apotheken.

Die konkrete Öffnungsstrategie soll eine Arbeitsgruppe auf Ebene von Bundeskanzleramtschef Dr. Helge Braun (CDU) und der Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien vorbereiten. Priorität haben demnach Kinder und Jugendliche – als erstes sollen deshalb Kitas und Schulen wieder geöffnet werden. „Vermehrt sollen auch Schnelltests den sicheren Unterricht ermöglichen und Infektionsrisiken minimieren.“ Hier dürfte also vor allem auf Apotheken eine Aufgabe zukommen, die sich bisher immer stärker angedeutet hat: Durch die Änderung der Testverordnung des Bundes und damit die Möglichkeit der Beauftragung von Apotheken durch das Gesundheitsamt – oder wie in Baden-Württemberg sogar pauschal durch das Sozialministerium – wurden in den vergangenen Wochen die Möglichkeiten für Apotheken ausgebaut, in öffentlichen Einrichtungen Reihentests durchzuführen und direkt mit dem Staat abzurechnen.

Diese neuen Testmöglichkeiten sollen laut Beschussvorlage nicht nur den Jüngsten, sondern auch den Ältesten zugutekommen: Bund, Länder und Kommunen sowie die sozialen Träger hätten „in einer gemeinsamen Anstrengung“ die Durchführung von Schnelltests in Alten- und Pflegeeinrichtungen vorangetrieben. „Vor diesem Hintergrund bitten die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder die Gesundheitsministerkonferenz, zeitnah Empfehlungen vorzulegen, in welchem zeitlichen Abstand zur Zweitimpfung und mit welchem Testkonzept die Besuchsregeln für die Einrichtungen wieder sicher erweitert werden können.“

Im letzten Vierteljahr sei nicht nur gelungen, durch einen weiteren Aufbau der PCR- Laborkapazitäten mittlerweile bis zu zwei Millionen Tests pro Woche durchzuführen, sondern auch PoC- Antigen-Schnelltests für den Gebrauch durch geschultes Personal millionenfach verfügbar zu machen. Schätzungen gehen demnach von 15 bis 35 Millionen durchgeführten Schnelltests in Deutschland allein im Januar aus.

Der nächste Schritt sind nun die Laientests. „Die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder sehen in Schnelltests zur Selbstanwendung ein weiteres geeignetes Mittel zur Steigerung der Testkapazitäten in Deutschland“, heißt es in dem Papier. Die rechtliche Grundlage für deren Vertrieb hatte der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) durch die Anpassung der Medizinprodukte-Abgabeverordnung (MPAV) geschaffen. Allerdings ist auch der Bundesregierung klar, dass das nicht viel bringt, wenn es noch keine zugelassenen Tests gibt. Deshalb soll dort Druck gemacht werden: „Sobald Hersteller entsprechender Selbsttests, die für den Gebrauch ohne vorherige Schulung vorgesehen sind, eine Zulassung beantragen, wird der Bund diese zügig prüfen und bei erfolgreicher Prüfung zulassen“, so die Beschlussvorlage. Wichtig sei dabei allerdings dennoch der Nachweis ausreichender Qualität, „denn eine zu große Zahl falsch-negativer Testergebnisse im Selbsttest kann fatale Folgen haben“.

Vorangehen soll es endlich auch bei den Impfungen: Am 1. Februar hatten Bund und Länder eine Aktualisierung der Nationalen Impfstrategie vereinbart, in die ein nationaler Impfplan aufgenommen werden soll, der auf Grundlage der jeweils verfügbaren Informationen den weiteren Verlauf der Impfkampagne für die kommenden Wochen und Monate modelliert und dadurch eine bessere Planbarkeit für die Auslastung der Impfkapazitäten schafft. Dabei kommt den Herstellern bekanntlich eine zentrale Rolle zu. „Die Bundesregierung wird im fortlaufenden Dialog mit den Herstellern weiter auf längerfristig planbare Auslieferungstermine hinwirken und etwaige Verzögerungen von Impfstofflieferungen weiterhin unmittelbar an die Länder kommunizieren, um weiter ein möglichst effektives Terminmanagement in den Impfzentren zu ermöglichen“, heißt es dazu. Das vor allem mit Blick auf die fristgerechte Zweitimpfung wichtig.

Trotz der Startschwierigkeiten halten Bund und Länder aber an ihrem Ziel fest: Sie seien „weiterhin optimistisch“, dass bis zum Ende des Sommers allen Bürger*innen ein Impfangebot gemacht werden kann. Ziel sei nach wie vor, noch vor dem Herbst eine ausreichende Immunisierung der gesamten Gesellschaft zu erreichen. „Dies ist nach Stand der aktuell von den Herstellern zugesagten Zulassungsdaten und Liefervolumen erreichbar.“ Die entsprechenden organisatorischen Vorkehrungen sollen die Länder treffen.

Die kriegen auch mehr Geld für die Krankenhäuser: Die anhaltende pandemische Lage setze deren Refinanzierung durch planbare Operationen und Behandlungen nämlich weiterhin teilweise außer Kraft. Bereits zweimal wurden die Ausgleichszahlungen deshalb durch entsprechende Verordnungen ausgeweitet. Über zwei Milliarden Euro wurden so aus dem Bundeshaushalt an die Länder zur Weiterleitung an die begünstigten Krankenhäuser ausgezahlt. Erst am Dienstagabend hatte sich das Bundesfinanzministerium deshalb an die Mitglieder des Haushaltsausschusses gewendet, um unter anderem die erwünschte Freigabe zusätzlicher Mittel für die Kliniken anzukündigen. Rund 1,5 Milliarden Euro zusätzlich werden demnach benötigt. Gut möglich, dass das nicht die letzte Schippe war, die der Bund nachlegt: Das Bundesgesundheitsministerium werde auch in Zukunft regelmäßig mit dem dafür gebildeten Beirat und den Länderkollegen die Entwicklung beobachten und gegebenenfalls weitere Anpassungen vornehmen, heißt es nun in der Beschlussvorlage.

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