Neue CDU-Generalsekretärin

AKK – Ein neuer CDU-Stern

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Berlin -

Wem in der CDU derzeit die Herzen gehören, wurde spätestens am Montag gegen 16 Uhr klar. „Der Star ist die Mannschaft, der Star ist die CDU“, ruft Annegret Kramp-Karrenbauer da den Delegierten des CDU-Parteitags in Berlin zu – und bekommt schon rauschenden Applaus im Stehen, bevor sie überhaupt als neue Generalsekretärin gewählt ist. Fast 99 Prozent sind dann ein Rekordergebnis – es gibt nur 9 Nein-Stimmen. Und jeder im Saal weiß: Hier redet die ungekrönte Kronprinzessin von Parteichefin Angela Merkel.

Eine breite inhaltliche Erneuerung der Partei kündigt AKK, wie sie intern genannt wird, an – und streichelt dann die nach der Schmach bei der Bundestagswahl verletzte Seele der Christdemokraten. Sie wolle die CDU als Volkspartei wieder stärker machen, ruft die noch amtierende Saar-Regierungschefin. Und wie als Appell an Jens Spahn, Merkel-Kritiker, Hoffnungsträger der Konservativen in der Partei und designierter Gesundheitsminister, kündigt Kramp-Karrenbauer an, sie wolle alle Flügel der Partei in die anstehende Programmdebatte integrieren.

Als das Abstimmungsergebnis bekanntgegeben wird, fällt fast die ganze Parteispitze AKK um den Hals. Merkel gratuliert zuerst. Ihr dürfte die große Rückendeckung für die neue Parteimanagerin gefallen, schließlich war Kramp-Karrenbauer Merkels Überraschungskandidatin für das Amt. Nur Spahn fehlt im Chor der Gratulanten – er ist da gerade nicht auf dem Podium.

Sowieso kann die Kanzlerin nach dem Parteitag zumindest vorläufig aufatmen – die Reflexe ihrer Partei haben funktioniert. Nach stundenlanger kontroverser Debatte stellen sich die knapp 1000 Delegierten doch sehr klar auf die Seite Merkels und den von ihr ausgehandelten Koalitionsvertrag mit der SPD – bei nur 27 Nein-Stimmen. Auch wenn es wochenlang Murren gab, weil Merkel der SPD das wichtige Finanzministerium opfern musste: Ein derart zerstrittenes Bild wie die Sozialdemokraten will die CDU dann doch nicht abgeben.

Fünf Monate nach der Bundestagswahl steht Deutschland immer noch ohne stabile Regierung da. Am Wochenende könnte die Regierungsbildung am Nein der SPD-Mitglieder zum mühevoll ausgehandelten Abkommen mit CDU und CSU sogar noch platzen. Das größte und wirtschaftlich stärkste Land Europas wäre dann wohl tatsächlich in der Krise. Kein Wunder, dass die CDU offene Attacken gegen die SPD tunlichst vermeidet.

Sehr eindringlich appelliert Merkel an das Verantwortungsbewusstsein ihrer Partei. „Keiner sollte sich etwas vormachen, welches Bild in den vergangenen Wochen Politik abgegeben hat“, ruft sie in den Saal. „Welcher Stil, welche Taktierereien, welches selbstbezogenes Herummosern so manche Debatte gekennzeichnet hat – das alles war und ist wirklich kein Ruhmesblatt für die Politik.“ Politische Verantwortung sei kein Spiel, sondern gehe weit über die Grenzen der eigenen Partei hinaus.

Neben der fast schon sprichwörtlichen Geschlossenheit der CDU in der Krise ist auf dem Parteitag zu besichtigen, wie sich das Verhältnis Merkels zu einem ihrer schärfsten Kritiker entwickeln könnte.

Als das Ergebnis der Abstimmung über den Koalitionsvertrag verkündet wird, applaudiert natürlich auch Jens Spahn - er hat ihn schließlich mit ausgehandelt. Ob ihn insgeheim aber doch wurmt, dass der Kanzlerin mit ihrem Personaltableau für Regierung und Partei zumindest vorläufig ein Befreiungsschlag gelungen ist?

Dabei hat Merkel den Koalitionsvertrag in ihrer einstündigen Rede ziemlich routiniert abgearbeitet. Sie lobt die Verbesserungen für Familien und Kinder, in der Pflege und all die anderen Wohltaten im Abkommen mit SPD und CSU. So richtig springt der Funke meist nicht über. Der Beifall kommt verlässlich, bleibt aber lau.

Rhythmischen Applaus gibt es immer dann, wenn die Kanzlerin die Verdienste jener Minister würdigt, die ihrer Regierungsbildung zum Opfer gefallen sind. Als sie dem scheidenden Gesundheitsminister Hermann Gröhe bescheinigt, er habe mit großer Energie das Gesundheitssystem verbessert, wollen die Delegierten fast nicht mehr aufhören, im Stehen zu klatschen. Auch Thomas de Maizière, der aus dem Kabinett ausscheidet, weil die CSU das Innenministerium beansprucht, bekommt weit mehr als höflichen Applaus.

Zurück zu Spahn: Dass es mit der Nachwuchshoffnung der Konservativen für Merkel eine angespannte Arbeitsbeziehung werden könnte, lässt sich zu Beginn des Parteitags erahnen. Als die Mitglieder der Parteispitze das Podium betreten, treffen sich die Blicke der Kanzlerin und ihres designierten Gesundheitsministers nicht. Als Merkel später die neuen Kabinettsmitglieder aufzählt, passiert ihr ausgerechnet bei Spahn auch noch ein Lapsus. Versehentlich ordnet sie ihrem Rivalen das Agrarressort zu.

Ob es ihm hilft, dass Merkel dann noch davon spricht, dass die CDU mit dem Gesundheitministerium jenes Ressort besetze, „bei dem wir sichtbar machen können, was für uns als Union das C im konkreten Handeln“ sei? Das klingt wie ein großer Auftrag – er kann eine Chance für Spahn sein, aber auch eine Last.

Während die Delegierten der Vorsitzenden nach ihrer Rede viereinhalb Minuten lang stehend Applaus spenden, sendet Merkel dann doch noch ein wichtiges Signal an Spahn und in die Partei. Sie geht auf den Münsterländer zu, schüttelt ihm als einzigem auf dem Podium die Hand und macht Scherze. Bei den Delegierten dürfte die Geste als öffentliches Angebot für gute Zusammenarbeit angekommen sein.

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