Notfallkontrazeptiva

PiDaNa: Behörde empfiehlt zwei Tabletten APOTHEKE ADHOC, 16.09.2016 14:21 Uhr

Berlin - 

Bei der Abgabe von Notfallkontrazeptiva mit dem Wirkstoff Levonorgestrel (LNG) müssen Apotheker nachfragen, ob die Patientin andere Medikamente einnimmt. Denn die Wirksamkeit des empfängnisverhütenden Präparats kann durch Interaktionen verloren gehen, etwa bei zeitgleicher Einnahme von Antiepileptika oder Johanniskraut. Im Leitfaden der Bundesapothekerkammer (BAK) ist lediglich eine Dokumentation vorgesehen. Die britische Arzneimittelbehörde MHRA fordert Ärzte und Apotheker auf, auf Kupferspiralen auszuweichen oder die Dosis zu verdoppeln. Für Deutschland sind ähnliche Maßnahmen geplant.

Die MHRA weist darauf hin, dass Medikamente gegen Epilepsie, Tuberkulose, HIV und Pilzinfektionen sowie pflanzliche Präparate mit Johanniskraut die Wirkung von LNG so stark beeinträchtigen können, dass eine Notfallverhütung nicht garantiert werden kann. Vorangegangen war eine Prüfung auf europäischer Ebene.

Die Patientinnen sollen Arzt und Apotheker aktiv auf ihre Dauermedikation hinweisen; die Heilberufler sollen Alternativen in Betracht ziehen. Dazu gehören Spiralen mit Kupfer; wenn dies keine Option ist, sollen 3 statt 1,5 mg gegeben werden, entsprechend zwei statt einer Tablette. Die Behörde erwartet kein erhöhtes Risiko von Nebenwirkungen bei gesteigerter Dosierung.

Zudem rät die MHRA Patientinnen, rechtzeitig einen Schwangerschaftstest durchzuführen. Fällt dieser trotz der Einnahme von LNG positiv aus, sollten Frauen so schnell wie möglich zum Arzt gehen. Die Wirkstoffe können auch zu Geburtsfehlern führen, weshalb die Kontrazeption besonders wichtig ist.

Dass Arzneimittel, die das Leberenzym CYP3A4 anregen, den Abbau von LNG fördern und damit den Wirkstoffgehalt im Blut reduzieren, ist bekannt und wird auch in der Fachinformation erwähnt. Der Effekt kann bis zu vier Wochen anhalten. Zu den betroffenen Wirkstoffen gehören unter anderem Antikonvulsiva wie Phenobarbital, Phenytoin, Primidon, Oxcarbazepin und Carbamazepin sowie Rifabutin, Rifampicin, Griseofulvin und Ritonavir, Efavirenz und Nevirapin.

Bei der Beratung gemäß BAK-Leitfaden wird zwar die Comedikation abgefragt, aber nur dokumentiert. Außerdem gibt es den Hinweis auf die verminderte Wirksamkeit, aber keine Handlungsempfehlung. „Weitere Angaben zu gegebenenfalls relevanten Wechselwirkungen finden sich in den jeweils gültigen Fachinformationen, auf die ausdrücklich hingewiesen wird“, heißt es.

Ulipristal, hierzulande enthalten in EllaOne, wird Frauen laut Fachinformation ohnehin nicht empfohlen, wenn sie parallel einen starken CYP3A4-Induktor einnehmen oder in den vergangenen vier Wochen eingenommen haben. Hier werden beispielsweise durch Rifampicin Cmax und AUC von Ulipristalacetat um 90 Prozent oder mehr gesenkt und die Halbwertszeit um das 2,2-Fache verkürzt, was einer 10-fachen Verringerung der Exposition entspricht.