Pneumokokken-Impfstoffe sind knapp

Stiko: Risikogruppen wieder zuerst APOTHEKE ADHOC, 20.11.2020 17:19 Uhr

Pneumokokken-Impfstoffe bevorzugt für Risikopatienten: Die Ständige Impfkommission hält an ihren Empfehlungen fest. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Die Versorgung von Patienten mit Pneumokokken-Impfstoffen gestaltet sich seit geraumer Zeit schwierig: Ware ist nur kleckerweise zu bekommen, die Corona-Pandemie nimmt zusätzlich Einfluss. Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat daher erneut dazu aufgerufen, die Risikogruppen zuerst zu versorgen, und Handlungshinweise bei eingeschränkter Lieferfähigkeit veröffentlicht.

Auf dem deutschen Markt stehen Prevenar 13 (Pfizer), Pneumovax 23 (MSD Sharp & Dohme) und Synflorix (GSK) zur Verfügung. Im März – zur Hochsaison der Corona-Pandemie – kam es dann zu einem massiven Engpass bei den Vakzinen. Grund dafür waren geänderte Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (Stiko), um Komplikationen in Bezug auf Covid-19 zu vermeiden. Im Juli wurden die priorisierten Empfehlungen aufgrund besserer Verfügbarkeit zunächst wieder zurückgenommen.

Nun kehrt die Stiko zur Priorisierung zurück: Demnach sollen ab sofort wieder bevorzugt die Bevölkerungsgruppen geimpft werden, die ein besonders hohes Risiko für eine invasive Pneumokokken-Erkrankung haben – besonders gefährdet sind Kinder in den ersten beiden Lebensjahren und ältere Menschen ab 60 Jahren.

Aktuelle Stiko-Empfehlungen

Die Impfung wird für alle Säuglinge ab dem Alter von zwei Monaten, für alle Menschen ab dem Alter von 60 Jahren und Patienten mit den folgenden Erkrankungen und Einschränkungen empfohlen:

  • Menschen, die an chronischen Krankheiten der Lunge oder des Herzens leiden
  • Patienten mit einem behandlungsbedürftigen Diabetes mellitus
  • bei bestimmten neurologischen Krankheiten
  • Patienten mit einer Immundefizienz, beispielsweise bei einer HIV-Infektion
  • Patienten, die eine immunsuppressive Therapie erhalten
  • Personen mit einem Cochlea-Implantat oder einer Liquorfistel

In Deutschland werden je nach Bundesland bei Säuglingen und Kleinkindern bis zu einem Alter von 24 Monaten Impfquoten zwischen 58 und 76 Prozent erreicht. Bei Senioren und Menschen mit chronischen Vorerkrankungen ist die Quote jedoch erschreckend gering: Sie beträgt in den genannten Gruppen gerade einmal 5 bis 28 Prozent beziehungsweise 10 bis 26 Prozent – und ist damit unzureichend. Eine hohe Impfquote in den Risikogruppen könne jedoch dem individuellen Schutz und der Entlastung des Gesundheitssystems dienen.

Der Stiko zufolge haben die Kontaktbeschränkungen auch Einfluss auf die Pneumokokken-Infektionen: Sowohl Untersuchungen aus Singapur und Taiwan, als auch Berechnungen aus England und Wales konnten zeigen, dass es im Frühjahr im Vergleich zu den Vorjahren zu einer deutlichen Reduktion von invasiven Pneumokokken-Erkrankungen gekommen ist.

Wie sollen verfügbare Impfstoffe verwendet werden?

  • Grundimmunisierung von Säuglingen: Ausschließlich die Konjugat-Impfstoffe Prevenar 13 und Synflorix
  • Senioren ab 60 Jahren ohne Grunderkrankung: Aufgrund der breiteren Serotypenabdeckung Pneumovax 23
  • Jugendliche ab 16 Jahren und Erwachsene mit chronischen Grunderkrankungen, die nicht mit einer Immunsuppression einhergehen: Alleinig Pneumovax 23
  • Kinder und Jugendliche zwischen 2 und 15 Jahren mit chronischen Erkrankungen (mit oder ohne Beeinträchtigung der Immunantwort): Sequenzielle Impfung (zuerst Prevenar 13, nach 6 – 12 Monaten Pneumovax 23)
  • Erwachsene mit angeborenen oder erworbenen Immundefekten/Immunsuppression: Sequenzielle Impfung (zuerst Prevenar 13, nach 6 – 12 Monaten Pneumovax 23)
  • Personen mit anatomischen und fremdkörperassoziierten Risiken für eine Pneumokokken-Meningitis: Sequenzielle Impfung (zuerst Prevenar 13, nach 6 – 12 Monaten Pneumovax 23)

Wie sind die Impfstoffe zu priorisieren?

Aufgrund der eingeschränkten Verfügbarkeit von Pneumovax 23 weist die Stiko erneut auf die Impfempfehlungen hin: Mit den verfügbaren Impfstoffdosen sollen insbesondere die Personengruppen gegen Pneumokokken geimpft werden, die ein erhöhtes Risiko für invasive Erkrankungen mit einem sehr hohen Risiko einer Hospitalisierung haben:

  • Patienten mit angeborenen oder erworbenen Immundefekten bzw. Immunsuppression: zur Komplettierung der sequenziellen Impfung
  • Senioren ab dem Alter von 70 Jahren
  • Patienten mit chronischen Erkrankungen des Herzens oder der Atmungsorgane

Pneumovax 23 kann wegen der breiteren Abdeckung von verschiedenen Serotypen nicht durch einen niedrigervalenten Impfstoff ersetzt werden. Sollten Erwachsene dennoch alleinig mit Prevenar 13 oder Synflorix geimpft worden sein, sollte eine Impfung mit Pneumovax 23 bei Wiederverfügbarkeit in einem Abstand von minimal zwei, besser jedoch 6 bis 12 Monaten nachgeholt werden.