Virusreplikation verlangsamen

Stickstoffmonoxid gegen Covid-19 Alexandra Negt, 30.03.2020 14:37 Uhr

In den USA wird eine nicht zugelassene Therapie zur Therapie von Covid-19 ausprobiert. Stickstoffmonoxid soll die Replikation von Sars-CoV-2 eindämmen. Foto: Sergey Ryzhov/ Shutterstock.com
Berlin - 

Stickstoffmonoxid ist farb- und geruchslos. Das Gas entsteht zum Beispiel bei Verbrennungsprozessen, unter anderem ist es in Autoabgasen enthalten. Für den Menschen ist es giftig. In geringen Dosierungen soll der Stoff nun gegen Covid-19 eingesetzt werden.

Einsatz bei Covid-19

Aktuell werden verschiedene Wirkstoffe gegen das Virus Sars-CoV-2 ausprobiert. Neben oralen oder intravenösen Therapien wird in den USA aktuell eine inhalative Therapie getestet. Covid-19-Patienten sollen Stockstoffmonoxid per Beatmungsgerät verabreicht bekommen, die Therapie ist nicht zugelassen. Rechtlich handelt es sich um eine sogenannte Compassionate-Use-Therapie. Hierdurch wird die Anwendung durch die US-Arzneimittelbehörde (FDA) erlaubt.

Wirkprinzip

Das Unternehmen Bellerophon Therapeutics, welches das Gas für medizinische Zwecke herstellt, hatte den Einsatz bei viralen Infektionen bereits früher getestet. Bei der Sars-Pandemie 2002/2003 konnte vom Unternehmen nachgewiesen werden, dass das Gas die Vermehrung des Virus verlangsamt. Stickstoffmonoxid unterbindet die Virusreplikation in hohem Umfang, sodass die Notwendigkeit einer Langzeitbeatmung reduziert werden kann. Diese Erkenntnisse sind in einer Studie festgehalten. Bellerophon hatte vor der aktuellen Corona-Krise eine großangelegte Phase-III-Studie bei Lungenfibrose geplant. Hier sollte das gesamte Beatmungssystem überprüft werden.

Das Unternehmen betont, dass das aktuelle Virus eine hohe genetische Ähnlichkeit zum damaligen Sars-Virus besitzt und eine Therapie mit dem Gas wirksam sein könnte. Bellerophon geht davon aus, dass die Progression der Symptome in den oberen Atemwegen verhindert werden könnte. Nicht nur Amerika setzt Stickstoffmonoxid zur Behandlung von Covid-19 ein, auch in China laufen aktuell Studien zum klinischen Einsatz des Gases.

Einsatz von Stickstoffmonoxid

Ein körpereigenes Enzym, die endotheliale Stickstoffmonoxid-Synthase (eNOS), kann Stickstoffmonoxid aus der Aminosäure L-Arginin synthetisieren. Stickstoffmonoxid wirkt als Vasodilatator an verschiedenen Stellen im Körper, darunter das Herz, die Lunge und die Skelettmuskulatur. Die lokal-chemische Vasodilatation zur Anpassung der Durchblutung ist unter anderem Teil des Sympathikus. Auch die unspezifische Immunantwort ist ein Wirkort des Gases. Stickstoffmonoxid ist in neutrophilen und eosinophilen Granulozyten und Makrophagen enthalten. Das Gas spielt unter anderem bei der Schädigung phagozytierter Erreger eine Rolle.

Medikamente – ISDN

Die gefäßerweiternde Wirkung des Stickstoffmonoxids wird unter anderem bei der Behandlung von koronaren Herzkrankheiten, Herzinsuffizienzen und Angina Pectoris eingesetzt. Der Wirkmechanismus sogenannter Nitrovasodilatoren – wie Isosorbiddinitrat (ISDN) – beruht wahrscheinlich auf einer Freisetzung von Stickstoffmonoxid. Hierdurch werden die Gefäße erweitert. Die Sauerstoffversorgung des Herzens wird verbessert. Der Wirkstoff ist als Sublingualtablette, Spray oder Retardtablette erhältlich.

ISDN bewirkt neben einer Relaxation der Bronchialmuskulatur auch eine Erweiterung der ableitenden Harnwege, der Muskulatur der Gallenblase, des Gallenganges, der Speiseröhre und des Dünn- und Dickdarmes. Molekular gesehen wirkt ISDN vermutlich über die Bildung von Stickstoffmonoxid und zyklischem Guanosylmonophosphat (cGMP), das als Mediator der Relaxation gilt.