Vorerkrankungen und Covid-19

Startschuss für erste Studie mit Kindern

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Berlin -

Noch immer herrscht bei Kindern in Bezug auf Sars-CoV-2 und Covid-19 viel Ungewissheit. Nun soll am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) die weltweit erste Studie zu Covid-19 und Kindern mit Vorerkrankungen starten.

Im Zuge der „C.19-Child-Studie“ sollen mindestens 6000 Kinder und Jugendliche mit Herz-Kreislauf- und Lungenerkrankungen getestet werden. Gefördert wird die Studie daher von der Stiftung Kinderherz Deutschland. Die Untersuchung soll Klarheit bringen, wie gefährdet herzkranke Kinder und Kinder mit anderen Vorerkrankungen durch das Coronavirus sind.

Welchen Einfluss haben Vorerkrankungen?

„Wir haben bisher weltweit keine belastbaren Aussagen darüber, wie hoch die Infektionsgefahr für Kinder mit Vorerkrankungen ist, und wie die Krankheit dann verläuft“, so Professor Dr. Thomas Mir, stellvertretender Klinikdirektor am UKE und Leiter der Studie. „Ziel der Studie ist es herauszufinden, welche Risikofaktoren bei Herzkindern und Kindern mit weiteren Vorerkrankungen zu einem schweren Verlauf der Erkrankung führen können und wie Eltern sich und ihr Herzkind optimal davor schützen können“, erläutert Sylvia Paul, Vorstand der Stiftung Kinderherz Deutschland.

In die Studie einbezogen werden Kinder und Jugendliche – vom Neugeborenen bis zum Alter von 18 Jahren – die an Kinderkliniken der Hansestadt untersucht werden. Es soll ermittelt werden, ob sie eine erhöhte Infektionsgefahr haben oder ein schwerer Krankheitsverlauf zu befürchten ist. Außerdem sollen präventive und therapeutische Maßnahmen entschlüsselt werden, um Empfehlungen aussprechen und gesellschaftspolitische Steuerungsmaßnahmen einleiten zu können.

Zu den Kindern mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Lungenerkrankungen zählen beispielsweise solche mit komplexen Herzfehlern, Immundefekten, Stoffwechselstörungen oder erhöhtem Blutdruck in der Lunge, der zu Herzversagen führen kann. In der Studie sollen jedoch auch Kinder ohne Vorerkrankung getestet werden, um Vergleichswerte zum Covid-19-Verlauf zu erhalten.

Die Studie soll in einem Zeitraum von Mai 2020 bis Mai 2021 durchgeführt werden und in zwei Phasen ablaufen. Zunächst erfolgt die Screening-Phase: In diesem Zeitraum soll die Feststellung von Covid-19-Infektionen im Forschungszentrum der Kinderklinik am UKE erfolgen. Anschließend folgt die Follow-up-Phase: Hier findet die Untersuchung aller positiv getesteten Patienten statt, um die Auswirkungen des Virus auf das kindliche Immunsystem zu erforschen. Neben dem UKE sind an dieser Phase zahlreiche andere Hamburger Kinderkliniken beteiligt und involviert.

Begrenzte Datenlage bei Kindern

Bisher ist die Datenlage zu Kindern mit Sars-CoV-2-Infektionen noch sehr gering. Ein Grund dafür lässt sich gut an den Statistiken ablesen: So waren beispielsweise am Chinese Center for Disease Control and Prevention (CCDC) nur 2 Prozent der über 72.000 registrierten Covid-19-Patienten unter 18 Jahre alt. Auch in Deutschland ist der Kinderanteil gering. Das Robert-Koch-Institut (RKI) bestätigt, dass nur 0,8 Prozent aller bis zum 18. März registrierten Patienten unter fünf Jahre alt waren. Knapp über 3 Prozent waren insgesamt jünger als 14 Jahre. Diese niedrigen Anteile seien sicherlich auf die fehlende Symptomatik und ausbleibende Testung zurückzuführen.

Milde Verläufe bei Kindern

Denn die Hälfte der gemeldeten Fälle hatte einen milden Krankheitsverlauf mit Symptomen eines unkomplizierten Infekts der oberen Atemwege. Neben leichtem Fieber traten auch Muskelschmerzen auf und die Kinder waren allgemein erschöpft. Bei manchen bestanden auch ausschließlich gastrointestinale Symptome wie Durchfall, Übelkeit, Erbrechen und Bauchschmerzen. Bei rund 39 Prozent der Kinder kam es zu einem mittelschweren Verlauf mit Symptomen wie Fieber, trockenen und produktiven Husten und der Entwicklung einer Pneumonie. 5,2 Prozent der Kinder erlitten einen schweren Verlauf.

Bis vor kurzem galten Kinder daher als eine Gruppe, die nahezu symptomlos an Covid-19 erkrankt. Zu Beginn der Pandemie ging man sogar davon aus, dass sie gar nicht erst erkranken. Diese Aussage wurde widerlegt – Kinder erkranken genauso häufig wie Erwachsene und sind auch genauso infektiös. Ob ein Erkrankter weitere Personen anstecken kann, ist unabhängig von der Ausprägung der Symptomatik.

Kawasaki-Syndrom oder neue Krankheit?

In einigen Ländern wurde in den vergangenen Wochen vermehrt über Fallzahlen von schwer kranken Kindern berichtet, die auf der Intensivstation betreut werden müssen. Der National Health Service (NHS) warnt derzeit vor dem Anstieg einer neuen Erkrankung bei Kindern, die möglicherweise mit dem Coronavirus in Verbindung gebracht werden kann: Es handelt sich dabei um eine Form des Toxic-Shock-Syndroms, welches mit Magen- und Herzproblemen einhergeht. Da es Ähnlichkeiten zum Kawasaki-Syndrom aufweist, ist derzeit noch unklar, ob es sich wirklich um eine neue Erkrankung in Zusammenhang mit Sars-CoV-2 handelt.

 

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