Neues Chemotherapeutikum

Roche: Polivy bei B-Zell-Lymphom Alexandra Negt, 14.02.2020 15:15 Uhr

Polivy ist ein neues Chemotherapeutikum zur Behandlung des großzelligen B-Zell-Lymphoms. Es ist das erste Chemotherapeutikum für Patienten, die nicht auf eine Stammzelltransplantation ansprechen. Foto: David A. Litman/ Shutterstock.com
Berlin - 

Ab Februar steht Patienten mit rezidivierendem oder refraktärem diffusen großzelligem B-Zell-Lymphom (DLBCL) eine neue Therapieoption zu Verfügung: Polivy enthält einen Mitosehemmstoff und ist das erste Chemotherapeutikum für Patienten, die auf eine hämatopoetische Stammzelltransplantation nicht ansprechen.

Kombinierter Wirkstoff – Immunkonjugat

Bei dem Wirkstoff handelt es sich um ein Immunkonjugat, das zur Therapie von Lymphomen eingesetzt wird. Immunkonjugate sind Fusionsmoleküle, bestehend aus einem Antikörper oder einem Antikörperfragment, welches über eine kovalente Bindung mit einem zweiten Molekül verbunden ist. Durch diese Kombination können bestimmte Zielstrukturen, darunter Tumorzellen, angesteuert werden. Die zytotoxische Wirkung entfaltet sich erst nach Andocken an die Tumorzelle – die Wirkung ist gezielter, die Nebenwirkungen geringer. Diese Fusionsmoleküle werden auch als Chemoimmunkonjugat oder bewaffnete Antikörper bezeichnet.

Mitosehemmstoff Monomethyl-Auristatin-E – Vedotin

Das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat besteht aus dem Mitosehemmstoff Monomethyl-Auristatin-E (MMAE). MMAE ist ein synthetisches Antineoplastikum mit hoher Toxizität. Deshalb kann es selbst nicht als Medikament verwendet werden und muss, zur besseren Verträglichkeit, an einen monoklonalen Antikörper gebunden werden – in diesem Fall Polatuzumab. Der Namenszusatz „Vedotin“ im Wirkstoff steht für den Linker MMAE.

Polatuzumab

Polatuzumab ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper, der an den B-Zell-Rezeptor CD79b bindet. Zusammen mit seinem Peptid-Kopplungselement wird das Zytostatikum auch als Vedotin bezeichnet. MMAE entfaltet eine starke antimitotische Aktivität, indem es die Polymerisation des Tubulins und damit die Bildung von Mikrotubuli während der Mitose verhindert. Nach der Internalisierung des Immunkonjugats in die Tumorzelle wird MMAE proteolytisch abgespalten und entfaltet seine zytostatische Aktivität. Es kommt zu einem Arrest der Zelle in der G2/M-Phase und zur Apoptose.

Indikation und Anwendung

Polivy wird in Kombination mit Bendamustin und Rituximab zur Behandung erwachsener Patienten mit rezidivierendem oder refraktärem diffusem großzelligem B-Zell-Lymphom (DLBCL) eingesetzt. Es ist das erste Chemotherapeutikum für Personen, die nicht für eine hämatopoetische Stammzelltransplantation in Frage kommen.

Das Arzneimittel ist als Durchstechflasche mit Pulver zur Herstellung eines Infusionslösungskonzentrats verfügbar. Nach Rekonstitution enthält jeder Milliliter 20 mg Polatuzumab Vedotin.

Die empfohlene Dosis von beträgt 1,8 mg Wirkstoff pro Kilogramm Körpergewicht. Polivy wird alle 21 Tage intravenös gegeben. Polivy, Bendamustin und Rituximab können in beliebiger Reihenfolge am ersten Tag eines Zyklus angewendet werden, insgesamt beläuft sich die Behandlung auf sechs Zyklen. Polivy ist als 90-minütige intravenöse Infusion zu verabreichen. Die Patienten sind während und nach der Infusion für mindestens anderthalb Stunden zu beobachten.

Nebenwirkungen

Neben allgemeinen gastrointestinalen Beschwerden kann es zu Fieber, Schüttelfrost und verschwommenen Sehen kommen. Häufig kommt es unter der Anwendung von Polivy zu vermindertem Appetit. Zu den häufigsten schwereren Nebenwirkungen gehören Pneumonie, Herpes-Infektionen, Infektionen der oberen Atemwege, Neutropenie, Thrombozytopenie, Leukopenie, Lymphopenie und Anämie.