NDMA-Risiko

Ranitidin: Ruhen aller Zulassungen

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Berlin -

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ordnet das befristete Ruhen aller Zulassungen von Ranitidin-haltigen Arzneimitteln an. Die Frist läuft vorerst zwei Jahre.

Per Bescheid vom 7. Januar ordnet das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) das Ruhen aller Zulassungen Ranitidin-haltiger Arzneimittel bis zum 2. Januar 2023 an.

In der aktuellen AMK-Meldung heißt es: „In fast allen getesteten Ranitidin-Wirkstoffchargen und Ranitidin-haltigen Arzneimitteln wurde N-Nitrosodimethylamin (NDMA) oberhalb der Konzentration gefunden, die gemäß den aktuellen, in ICH M7 (R1) festgelegten Grundsätzen akzeptabel ist.“ NDMA gehört zu den Nitrosaminen und gilt als kanzerogen: Laut Bundesinstitut für Risiskobewertung (BfR) sind die meisten N-Nitrosamine im Tierversuch sowohl nach oraler als auch nach inhalativer Gabe krebserzeugend.

NDMA ist nicht nur als Verunreinigung in Ranitidin-haltigen Arzneimitteln vorhanden – das Nitrosamin bildet sich mit der Zeit im Produkt. Aktuell ist der genaue Um- und Abbau von Ranitidin im fertigen Arzneimittel nicht ausreichend beschrieben. „Darüber hinaus schlussfolgerte der Ausschuss, dass das Risiko einer endogenen Bildung von zusätzlichem NDMA nach der Verabreichung von Ranitidin derzeit nicht auszuschließen ist und dass weitere Untersuchungen durchzuführen sind.“

Negatives Nutzen-Risiko-Verhältnis

Aufgrund der offenen Fragen bezüglich des Risikos einer endogenen Bildung von NDMA beurteilt das BfArM das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Ranitidin aktuell als negativ. „Während Daten aus epidemiologischen oder klinischen Studien kein erhöhtes Krebsrisiko beim Menschen nach der Anwendung von Ranitidin zeigen, kann dennoch ein theoretisches Risiko nicht ausgeschlossen werden.“ Die befristete Auflage kann aufgehoben werden, wenn die einzelnen Zulassungsinhaber bestimmte Auflagen erfüllen.

USA ruft alle Präparate zurück

Die US-Arzneimittelbehörde FDA hatte für NDMA bereits im vergangenen Jahr eine maximale tägliche Aufnahmegrenze von 96 ng festgelegt. Diese wurden bei zahlreichen Präparaten überschritten. Unter anderem deshalb wurden Anfang April letzten Jahres alle Ranitidin-haltigen Arzneimittel zurückgerufen. Als Grund nannte die FDA die potentielle und nicht abschätzbare Verunreinigung mit Nitrosaminen. Untersuchungen zeigten, dass die NDMA-Konzentration im Laufe der Zeit und während der Lagerung bei höheren Temperaturen als der Raumtemperatur zunimmt.

Im September 2019 hatte die US-Versandapotheke Valisure das potentiell krebserregende Nitrosamin im H2-Rezeptor-Antagonisten entdeckt und die FDA informiert. Schon zum damaligen Zeitpunkt wurde vermutet, dass die Anwesenheit des Nitrosamins auf die Instabilität von Ranitidin bei hohen Temperaturen zurückzuführen ist. Die FDA entwickelte daraufhin ein Analyseverfahren für den Arzneistoff, die LC-HRMS-Methode zum Nachweis von NDMA im Ranitidin.

Thermolabiler Stoff

Um den Einfluss von Temperatur auf die Nitrosamin-Entstehung besser zu verstehen, untersuchte das Labor Emery Pharma die Hitzestabilität von Ranitidin. Verwendet wurde die von der FDA empfohlene LC-HRMS-Methode. Die vorläufigen Analyseergebnisse zeigen, dass der Wirkstoff bei Raumtemperatur scheinbar stabil ist und bei Temperaturen von etwa 70 Grad akkumuliert. Die Daten zeigen, dass bei 25 Grad kaum eine Veränderung der NDMA-Konzentration zu verzeichnen ist. Bei einer Temperatur von 70 Grad steigt der NDMA-Wert und erreicht nach 14 Tagen einen Wert von etwa 70 ng und bleibt damit unter dem empfohlenen Maximum. Dieses wird jedoch bei Temperaturen über 70 Grad bereits innerhalb von weniger als vier Tagen überschritten. Nach zwölf Tagen werden NDMA-Werte von etwa 140 ng erreicht.

 

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