Statt Antibiotika-Therapie

Phytos gegen Borreliose? APOTHEKE ADHOC, 27.04.2020 14:37 Uhr

Phyto statt Antibiotikum? Forscher konnten in vitro die bakteriostatische Wirkung von mehreren Pflanzenextrakten nachweisen. Foto: Pixabay
Berlin - 

Kaum wird es wärmer, steigt in einigen Gebieten auch die Sorge vor Zeckenbissen: Denn die Parasiten können beim Saugakt die Infektionskrankheit Lyme-Borreliose übertragen. Forscher wollen nun einen neuen möglichen Therapieansatz entdeckt haben: Verschiedene Pflanzenextrakte könnten sogar besser wirksam sein als die gängigen Antibiotika.

Die Behandlung der Lyme-Borreliose erfolgt derzeit mit einem Antibiotikum: Vor allem Doxycyclin, Amoxicillin und Cefuroxim haben sich bewährt. Die Einnahme muss jedoch über mindestens drei Wochen erfolgen, damit eine ausreichend hohe Dosis im bradytrophen Bindegewebe erreicht wird. Häufig kommt es allerdings auch zu Resistenzen: Bei rund 10 bis 20 Prozent wirkt die Antibiose nicht ausreichend gegen den Erreger. Daher werden immer neue Therapiemöglichkeiten für die Lyme-Borreliose gesucht: US-Forscher haben sich nun mit der Phytotherapie als Option beschäftigt. Unter anderem wurden Kräuterextrakte untersucht, von denen bereits Einzelberichte über Erfolge bei den Antibiotika-Resistenzen vorlagen.

Pflanzenextrakte wirksamer als Antibiotika

Die Forscher der John Hopkins Bloomberg School in Baltimore und des kalifornischen Zentrums für funktionelle Medizin in Berkeley verglichen in vitro die bakteriostatische Wirkung von 14 Pflanzenextrakten mit den beiden Standard-Antibiotika Doxycyclin und Cefuroxim. Die Phytos konnten dabei gute Ergebnisse erzielen: Ein jeweils einprozentiger Extrakt von schwarzer Walnuss (Juglans nigra), Katzenkralle (Uncaria tomentosa), süßem Wermut (Artemisia annua), mediterraner Steinrose (Cistus incanus), chinesischer Schädeldecke (Scutellaria baicalensis), ghanaischem Chinin (Cryptolepis sanguinolenta) und japanischem Knöterich (Polygonum cuspidatum) waren wirksamer als die beiden Antibiotika. Die besten Wirkungen erzielten die ghanaische Chinarinde mit dem Wirkstoff Cryptolepin und der japanische Knöterich mit Resveratrol als wirksame Substanz. Beide Pflanzen verhinderten die Vermehrung freischwimmender Bakterien – auch bereits bei geringen Konzentrationen von 0,03 bis 0,5 Prozent.

Nach einer Behandlung von nur sieben Tagen konnten beide Extrakte Borrelia-burgdorferi-Kolonien in den Laborschalen bekämpfen. Der ghanaische Chinin-Extrakt tötete die Kolonie in dieser Zeitspanne sogar komplett ab. Weitere getestete Extrakte – darunter Grapefruitsamen, kolloidales Silber, Ashwagandha und Monolaurin – zeigten jedoch keine keine bakteriostatischen oder bakterioziden Wirkungen. Da es sich bisher lediglich um in-vitro-Versuche handelt, müssen jedoch Tierversuche und gegebenenfalls klinische Studien am Menschen folgen, um die Wirksamkeit und Sicherheit zu beurteilen.

Je länger die Zecke in der Haut verbleibt, umso höher ist das Risiko für eine Borreliose-Infektion. Nach dem Akt des Blutsaugens stößt die Zecke einen Teil ihres Mageninhaltes aus und gibt ihn in die Blutbahn des Menschen ab. So gelangen die Bakterien in den menschlichen Körper. Daher sollten Zecken möglichst schnell mithilfe einer Zeckenzange oder -karte entfernt werden. Am besten sucht man nach jedem Besuch im Freien den Körper gründlich ab. Ein Schutz durch langärmlige Kleidung und zeckenabweisende Sprays kann ebenfalls sinnvoll sein.

Symptome erschweren Diagnose

Die Diagnose einer Borreliose kann schwierig sein: Die Symptome sind häufig unspezifisch und treten erst Tage oder sogar Wochen nach dem eigentlichen Zeckenbiss auf. Betroffene bringen die Beschwerden häufig nicht mehr in Zusammenhang oder können sich an einen eventuellen Zeckenbiss nicht mehr erinnern. Ein Bluttest kann zwar Hinweise auf Antikörper geben, häufig haben sich diese aber zum Zeitpunkt der Untersuchung noch nicht in ausreichender Menge gebildet oder sie stammen von einer vorherigen unentdeckten Infektion mit Borrelien. Daher sind die Ergebnisse oft nicht eindeutig zu interpretieren.

Typisches Erkennungsmerkmal ist jedoch die Wanderröte: Um die Einstichstelle herum bildet sich eine ringförmige Hautrötung. Die charakteristische „Erythema migrans“ tritt allerdings nicht bei allen Betroffenen auf. Im Verlauf der Erkrankung treten meist grippeähnliche Symptome wie Abgeschlagenheit, Kopf- und Gliederschmerzen oder Muskelschmerzen auf. Häufig kommt auch Fieber hinzu. Unbemerkt können die Bakterien im Laufe der Zeit verschiedene Organe oder auch die Gelenke befallen. Erst Monate später kann es zu Hirnhaut- oder Herzmuskelentzündung oder der sogenannten Lyme-Arthritis kommen. Viele Betroffene klagen über brennende Nervenschmerzen, Taubheitsgefühle oder Sehstörungen, die durch eine entstandene Neuroborreliose bedingt sind.