Notfallkontrazeptiva

EllaOne kommt im OTC-Design Julia Pradel, 09.03.2015 11:27 Uhr

Berlin - 

Am Montag soll das Notfallkontrazeptivum EllaOne (Ulipristal) bereits rezeptfrei in den Apotheken erhältlich sein. Zu diesem Anlass hat der französische Hersteller HRA Pharma dem Präparat ein neues Design verpasst. Das mache auch den Rückruf leichter, findet Deutschlandchef Klaus Czort. Denn in der kommenden Woche müssen Apotheken die Rx- durch die OTC-Packungen austauschen. Und zu allem Überfluss fällt der Switch auf einen Sonntag.

Nachdem der Bundesrat am vergangenen Freitag der Entlassung aus der Rezeptpflicht zugestimmt hat, soll die Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) bis spätestens Freitag im Bundesanzeiger veröffentlicht werden und damit in Kraft treten. Bei HRA hat man die kommende Woche genau geplant. Da das Rx- und das OTC-Präparat über die gleiche PZN verfügen, steht den Apotheken der Austausch der beiden Arzneimittel bevor.

Der Rückruf der gekennzeichneten Ware über den Phagro soll am 12. März in der Standespresse veröffentlicht werden – aber nicht sofort erfolgen, sondern mit Termin zum 15. März. Die Apotheker sollen in dem Rückruf aufgefordert werden, die Rx-Ware ab dem 16. März zu retournieren. Czort betont, dass Apotheker nicht automatisch OTC-Präparate erhielten. Da die Preise unterschiedlich seien, erfolge die Rückgabe gegen eine Gutschrift.

Die rezeptfreie EllaOne müsse unabhängig von dem Rückruf bestellt werden und soll ab Montag ausgeliefert werden. Apothekern, die am Wochenende Dienst haben und nach der „Pille danach“ gefragt werden, empfiehlt Czort nach wie vor die „labelgemäße Abgabe“. So lange also nur Rx-Packungen verfügbar seien, dürften diese auch nur auf Rezept abgegeben werden.

Die Packungen sind leicht zu unterscheiden. Wie bislang ist das Design europaweit einheitlich, wurde aber abgeändert. Neu ist neben der Farbgebung auch der Hinweis „Nehmen Sie die Tablette so schnell wie möglich nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr oder Versagen der Kontrazeption ein“.

Für den deutschen Markt wurden laut Czort weit über 100.000 Packungen produziert. Diese befinden sich derzeit in einem Konsignationslager von Phoenix Pharma-Einkauf in Hanau. In dieser Woche werden rund 80.000 Packungen an den Großhandel ausgeliefert, der sie bis Samstag unter Verschluss halten muss. Damit sei man am Montag, den 16. März, versandfertig, so Czort.

Hergestellt werden die Tabletten in Frankreich bei Lohnherstellern. Der größte ist Delpharm Lille mit Sitz im nordfranzösischen Lys-Lez-Lannoy, nahe bei Lille und direkt an der Grenze zu Belgien. Bereits vor ein bis zwei Jahren habe man größere Kapazitäten eingekauft und ein zweites und drittes Unternehmen als „Back-up-Lösung“ eingebunden, so Czort. Am 9. Januar, nach der Entscheidung der EU-Kommission zur Freigabe von EllaOne, habe man mit der Produktion begonnen, und auch jetzt werde weiterproduziert. Über Engpässe macht sich Czort daher keine Sorgen.

Die Packungen, die aus den Apotheken und vom Großhandel zurück an HRA gehen, werden Czort zufolge vernichtet. Hintergrund seien rechtliche Probleme, da schließlich der Hersteller für die Sicherheit der Präparate hafte. Anders sieht es bei der Ware aus, die das HRA-Lager nie verlassen hat und daher umgepackt werden kann. Denn am eigentlichen Blister habe sich kaum etwas verändert, so Czort. Er geht davon aus, dass zwischen 20.000 und 30.000 Rx-Packungen zurückgegeben werden. Die Zahl der Bestellungen nehme bereits spürbar ab, weil der OTC-Switch abgewartet werde.

Während EllaOne somit planmäßig bereits ab kommenden Montag rezeptfrei verfügbar sein wird, müssen Patientinnen und Apotheker auf OTC-Varianten der Levonorgestrel-Präparate noch warten. Denn anders als für EllaOne, die die EU-Kommission bereits freigegeben hat, müssen die Hersteller von Notfallkontrazeptiva mit Levonorgestrel zunächst eine Änderungsanzeige beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) einreichen. Dafür müssen sie aber die Anpassung der AMVV abwarten.

Neben PiDaNa von HRA sind die Levonorgestrel-Präparate Postinor von Gedeon Richter und Unofem von Hexal bereits auf dem Markt. Postinor und PiDaNa kosten derzeit jeweils 18,33 Euro, das Präparat von Hexal liegt mit 16,99 Euro leicht darunter. Neben Hexal haben dem Vernehmen nach sechs weitere Anbieter Marken beim BfArM angemeldet, aber größtenteils noch keine Produkte. Darunter sind Teva, Aristo, Mylan und Velvian, Tochter des spanischen Generikaherstellers Chemo. Hintergrund für die zögerliche Haltung sind Patentstreitigkeiten zur PiDaNa.

Ärgerlich ist für den Hersteller das geplante Werbeverbot. Der Bundestag hatte Anfang März eine Änderung des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) beschlossen und damit Publikumswerbung für Notfallkontrazeptiva für nicht zulässig erklärt.

Besonders, dass das Verbot vergleichsweise kurzfristig kam, ist problematisch: Denn Czort hat schon mit Agenturen geplant und Verträge geschlossen. Vorgesehen war, im Internet, wo Frauen nach Informationen suchen, über Notfallkontrazeption zu informieren und dabei auch auf EllaOne zu verweisen. Diese Seiten müssen nun neutralisiert oder ganz auf Clareva, ein Gel gegen Genitalherpes, umgewidmet werden.

Die EU-Kommission hatte Anfang Januar den OTC-Switch für EllaOne beschlossen. Daraufhin legte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) Mitte Januar einen entsprechenden Verordnungsentwurf zur Anpassung der AMVV vor. Diesem Entwurf stimmte der Bundesrat nun zu, allerdings unter der Bedingung eines Versandverbots für Notfallkontrazeptiva.

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