Neurodegenerative Erkrankungen

Parkinson: Erhöhtes Risiko für Hautkrebs Deniz Cicek-Görkem, 11.07.2017 14:06 Uhr

Berlin - 

Parkinson-Patienten, die mit Levodopa behandelt werden, könnten Studien zufolge ein erhöhtes Risiko für Melanome haben. Wissenschaftler der Mayo Clinic sehen den Arzneistoff nicht als Auslöser. Sie haben herausgefunden, dass Patienten mit Parkinson unabhängig von der Therapie ein fast vier Mal höheres Risiko haben, an Melanomen zu erkranken – und umgekehrt. Die Ergebnisse wurden in den „Mayo Clinic Proceedings“ veröffentlicht.

Für die retrospektive Kohortenstudie im US-Bundesstaat Minnesota wurden Daten des „Rochester Epidemiology Project“ der Bewohner aus dem Olmsted County von Januar 1976 bis Dezember 2013 genutzt. Zunächst wurden 974 Patienten mit diagnostiziertem Parkinson mit je drei Kontrollen pro Fall und somit 2922 Patienten ohne Parkinson analysiert. In dem Zeitraum wurden 1544 Melanomerkrankungen dokumentiert. Mit Hilfe von Regressionsanalysen wurde das Hautkrebsrisiko bei Parkinson-Patienten im Vergleich zu der Kontrollgruppe ohne Parkinson untersucht.

Im Anschluss wurden die Fälle mit Melanom mit je einer Kontrolle verglichen. Dazu wurden zwei statistische Methoden eingesetzt: Zum einen die Cox-Regression, die das Risiko der Entstehung von Parkinson nach dem Indexdatum von Fällen und Kontrollen beurteilt. Außerdem stellten die Forscher das Sterberisiko der Patienten- und Kontrollgruppe an metastatischem Melanom fest. Zum anderen wurde das 35-Jahres-Risiko mittels einer Kaplan-Meier-Analyse bestimmt.

Die Resultate sprechen für einen Zusammenhang zwischen Parkinson und Melanomen: Demnach hatten Patienten mit Parkinson im Vergleich zur Kontrollgruppe eine 3,8-fach höhere Wahrscheinlichkeit, Hautkrebs zu bekommen. Patienten mit Melanom hatten dagegen ein 4,2-fach höheres Risiko, an Parkinson zu erkranken. Die Kaplan-Meier-Analyse zeigte zudem, dass Patienten mit Melanomen ein kumulatives Risiko von rund 12 Prozent haben, die Kontrollgruppe dagegen etwa 3 Prozent. Patienten, die nicht an Parkinson erkrankt waren, hatten ein 10,5-fach höheres relatives Risiko an dem Melanom zu sterben, als Patienten mit Melanom und Parkinson.

Einige ältere Studien zeigen, dass das Antiparkinsonmittel bei malignen Melanomen von besonderer Bedeutung ist. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass Levodopa in die Melaninsynthese eingreift und zu einer erhöhten Konzentration an Melanin führt. Außerdem ist die Substanz für eine Vermehrung der Krebszellen verantwortlich. Andere Untersuchungen dagegen stellten einen Arzneistoff-unabhängigen Kontext her.

Levodopa wird von den Wissenschaftlern der aktuellen epidemiologischen Studie nicht als Auslöser angesehen. Vielmehr seien gemeinsame Anomalien im Bereich Umwelt, Gene oder Immunsystem bei Patienten mit beiden Krankheiten dafür verantwortlich. Weitere Studien, die die Genetik und die Immunreaktion untersuchten, seien notwendig. Die Studienautoren fordern dennoch Ärzte auf, bei der Therapie der einen Krankheit auch auf Symptome der anderen zu achten.

Zu den Hauptsymptomen des Morbus Parkinson gehören Akinese, Ruhetremor, Rigor, Stand- und Gangunsicherheit sowie Verlust der Stell- und Halterreflexe. Die Krankheit ist gekennzeichnet durch eine Degeneration der Dopaminneuronen, die von der Substantia nigra zum Corpus striatum ziehen. Das Corpus striatum enthält neben einer großen Zahl an Gaba-erger Neurone auch cholinerge Interneurone, die normalerweise durch Dopamin gehemmt werden. Durch den pathophysiologischen Prozess ist die Hemmung vermindert. Der Mangel an dem Neurotransmitter führt zu einer Verminderung der aktivierenden Wirkung der Basalganglien auf die Großhirnrinde. In der Folge ergeben sich Bewegungsstörungen. Neben Levodopa werden auch auch Arzneistoffe wie Pramipexol, Biperiden und Amantadin zur Therapie des Parkinson eingesetzt.