Männergesundheit

Brustkrebs: Nicht nur Frauensache

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München -

Brustkrebs? Die meisten Männer glauben, damit nichts zu tun zu haben. Doch das ist ein Trugschluss. Auch bei einem Mann kann ein bösartiger Tumor in der Brust diagnostiziert werden. Weil damit aber kaum einer rechnet, wird der Krebs häufig spät erkannt. Entsprechend schlecht sind dann die Aussichten.

Im Jahr 2012 bekamen in Deutschland 620 Männer die Diagnose Brustkrebs. Diese Zahl nennt das Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin. Dem standen 69.550 neuerkrankte Frauen gegenüber. Eine Randerscheinung, könnte man meinen. Doch was auffällt: Die Prognose für Männer ist schlechter als die für Frauen. Während Brustkrebspatientinnen eine relative Zehn-Jahres-Überlebensrate von 82 Prozent haben, liegt sie bei Männern bei 65 Prozent.

„Die Erklärung hierfür ist, dass Brustkrebs beim Mann viel später diagnostiziert wird als bei der Frau“, sagt Dr. Rachel Würstlein. Sie ist Oberärztin im Brustzentrum an der Frauenklinik der Universität München. Einer der Gründe: Es gibt für Männer, anders als bei Frauen, kein Früherkennungsprogramm.

Hinzu kommt, dass Männer Beschwerden im Brustbereich vielfach als belanglos abtun. „Selbst wenn sie damit zum Arzt gehen, heißt das noch lange nicht, dass die Erkrankung auch gleich erkannt wird“, erklärt Würstlein. Nicht selten würden Tastbefunde in der männlichen Brust – wie bei der Frau auch – zunächst für gutartig gehalten.

Es kann also viel Zeit vergehen, bis die endgültige Diagnose gestellt wird. „Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt bei etwa 70 Jahren und damit deutlich höher als bei Frauen“, ergänzt Professor Dr. Jens-Uwe Blohmer, Direktor der Klinik für Gynäkologie und Leiter des Brustzentrums der Charité in Berlin.

Warum Männer überhaupt an Brustkrebs erkranken, ist noch nicht abschließend geklärt. „Möglicherweise ist es ein Zusammenspiel von mehreren Faktoren“, sagt György Irmey, Ärztlicher Direktor der Gesellschaft für Biologische Krebsabwehr in Heidelberg. Es gibt Hinweise, dass bestimmte Genveränderungen eine mögliche Ursache sein könnten. Solche Veränderungen treten spontan auf, sie können aber auch vererbt sein. Ein Ungleichgewicht der Hormone Testosteron und Östrogen kann Brustkrebs ebenfalls begünstigen. Ein solches Ungleichgewicht entsteht zum Beispiel durch einen Hodenhochstand oder durch eine Hodenentzündung infolge von Infektionskrankheiten wie Masern.

Warnsignale, dass etwas nicht in Ordnung ist, zeigen sich beim Mann ähnlich wie bei der Frau. Das können ein Knoten, eine Verhärtung in einer Brust oder eine eingezogene Brustwarze sein. Manchmal entzündet sich auch die Brustwarze und sondert einen klaren oder blutigen Ausfluss ab. „Solche Symptome müssen immer ärztlich abgeklärt werden“, betont Blohmer. Hinter den Anzeichen muss sich aber nicht zwangsläufig Brustkrebs verbergen. Eine entzündete Brustwarze kann auch ganz banal auf scheuernde Kleidung zurückzuführen sein.

Scheiden solche Ursachen aus, wird die Brust per Ultraschall und Mammographie untersucht. Für eine sichere Diagnose entnehmen die Ärzte eine Gewebeprobe und lassen sie im Labor analysieren. Mit weiteren Untersuchungen stellen sie fest, ob sich Krebszellen auch in den umgebenden Lymphknoten und darüber hinaus ausgebreitet haben.

Letztlich führt auch bei Männern mit Brustkrebs an einer Operation kein Weg vorbei. „Dabei wird neben dem Drüsengewebe auch die Brustwarze und die den Brustmuskel abgrenzende Gewebeschicht entfernt“, erläutert Blohmer. Sind auch Lymphknoten vom Krebs befallen, dann werden diese ebenfalls herausgenommen.

„Da Brustkrebszellen beim Mann auch hormonabhängig wachsen können, muss sich in diesen Fällen der Patient nach der OP einer Hormontherapie unterziehen“, sagt Blohmer – häufig ein unangenehmes Verfahren. Die Therapie kann Nebenwirkungen wie Depressionen, Gewichtszunahme oder Impotenz haben. Viele Männer brechen sie deshalb vorzeitig ab. Zusätzlich zur Hormontherapie kann auf den männlichen Brustkrebs-Patienten nach der OP eine Strahlen- und Chemotherapie zukommen.

Damit orientiert sich die Behandlung in weiten Teilen an der bei der Frau – was allerdings umstritten ist. „Inzwischen wird immer deutlicher, dass es tumorbiologische Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt“, erklärt Würstlein. Es müsste also für den an Brustkrebs erkrankten Mann andere Behandlungsformen nach der Operation geben. Welche medizinischen, aber auch psychosozialen Bedürfnisse männliche Brustkrebspatienten haben, ist derzeit Thema eines großangelegten Forschungsprojektes: N-MALE startete 2016. Erste Studienergebnisse werden 2018 erwartet.

Da die Risikofaktoren, die zu Brustkrebs beim Mann führen, nicht eindeutig geklärt sind, ist es schwer, vorbeugend etwas zu tun. „Als sicher gilt aber, dass auch die Lebensführung eine Rolle spielt“, sagt Irmey. Wer übergewichtig ist, sollte abnehmen – „das wirkt sich auch günstig auf den Hormonhaushalt aus“, so Irmey. Und auch regelmäßige Bewegung, ausgewogene Ernährung sowie Stressabbau könnten die Wahrscheinlichkeit zu erkranken reduzieren.

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