Naturstoffe

Macrobrevin: Neues Antibiotikum aus Ackerunkraut

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Berlin -

Antibiotikum aus der Blattoberfläche? Schweizer Forscher haben an diesem für diese Zwecke kaum erforschten Ort eine neuartige, antibiotisch wirksame Substanzen entdeckt. Ihre Studienergebnisse veröffentlichten sie im Fachjournal „Nature Microbiology“.

Immer mehr Erreger sprechen auf gängige Antibiotika nicht mehr an. Deshalb sind Wissenschaftler seit langem auf der Suche nach neuen antibiotischen Substanzen. Die Forscher um Dr. Julia Vorholt und Dr. Jörn Piel vom Institut für Mikrobiologie der ETH Zürich sind auf diesem Weg erste Schritte erfolgreich gegangen. Im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms „Antimikrobielle Resistenz“ untersuchten sie mehr als zweihundert Bakterienstämme, die sich alle auf der in Europa häufig vorkommenden Wildpflanze Acker-Schmalwand (Arabidopsis thaliana, Brassicaceae) finden.

Den Fokus ihrer Untersuchungen legten sie dabei auf die Blattoberfläche der Pflanze, auch Phyllossphäre genannt. Dieser Lebensraum ist arm an Nährstoffen, das führt laut Vorholt zu großem Konkurrenzdruck. „Deshalb produzieren Bakterien unterschiedlichste Stoffe, mit denen sie ihren Lebensraum verteidigen“. Denn trotz des knappen Nahrungsangebots bevölkere eine Vielzahl von Organismen die Blattoberfläche.

„Wir haben nun mit bioinformatischen Methoden nach Genclustern gesucht, welche generell die Produktion von Stoffen steuern und sich so auf andere Bakterien auswirken könnten“, erklärt die Professorin die Vorgehensweise. Den Einfluss dieser Substanzen testeten sie im Labor. Sie fanden 725 antibiotische Interaktionen zwischen verschiedenen Stämmen, die dazu führten, dass sich bestimmte Bakterien nicht mehr vermehren.

„Die große Frage war natürlich, ob wir nur Stoffe gefunden haben, die bereits aus anderen Lebensräumen bekannt sind, oder ob wir auf Verbindungen mit ganz neuen Eigenschaften gestoßen sind“, so Professor Piel. Für die Antibiotikaforschung ist das von enormer Bedeutung, denn ideal sind Wirkmechanismen, die sich von denen der jetzigen Arzneimittel deutlich unterscheiden und so bestehende Antibiotikaresistenzen überwinden.

Um festzustellen, ob neue Antibiotika vorliegen, mussten Vorholt und Piel die genauen chemischen Zusammensetzungen im Detail studieren. Sie taten dies für Gencluster und Stoffe eines einzelnen Bakterienstamms, der sich als besonders aktiver Produzent erwiesen hat, Brevibacillus sp. Leaf182. Dabei entdeckten sie mehrere antibiotisch wirkende Stoffe, eine davon war das Polyketid Macrobrevin. Dabei steht das „Makro“ für Makrolacton und „Brevin“ für die Angabe des Produzenten Brevibacillus. Die Substanz weist den Forschern zufolge eine absolut neuartige chemische Struktur auf. Ob die neu entdeckte Substanz auch gegen humanpathogene Erreger wirkt, ist noch unklar: „Wir werden nun abklären, ob Macrobrevin und andere neu entdeckte Substanzen auch gegen Bakterien wirken, die beim Menschen Krankheiten auslösen“, sagt Piel.

Die ökologische Rolle bestimmter mikrobieller Metabolite ist nur unzureichend verstanden. Einige spielen eine Rolle in der Abwehr von Fressfeinden, während andere beispielsweise als Schlüsselsignale, Signalmetaboliten oder als Chelatbildner fungieren. Neuere Studien haben gezeigt, dass bisher vernachlässigte ökologische Nischen Fundgruben für die Entdeckung von neuen Arzneistoffen sind. Laut den Wissenschaftlern um Vorholt und Piel lohnt sich daher der Blick in die Natur, wenn es darum geht, neue Antibiotika zu suchen.

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