Infektionskrankheiten

Krebsmedikament bei HIV-Behandlung dpa/APOTHEKE ADHOC, 26.07.2012 10:30 Uhr

Berlin - 

Ein Krebsmedikament kann bei einer HIV-Infektion sogenannte Schläferzellen aufwecken. Das berichten Forscher in der Fachzeitschrift „Nature“. Der Wirkstoff Vorinostat sorge dafür, dass Zellen, die zwar das HIV-Erbgut enthalten, aber keine Viren herstellen, doch aktiv werden: Die Viren werden zusammengebaut und aus der Zelle freigesetzt. Medikamente hätten in der Folge wieder einen Angriffspunkt gegen die Infektion.

 

Die Ergebnisse seien ein erster Beleg dafür, dass auch eine latente HIV-Infektion behandelt werden könne, schreiben die Forscher. Bei einer solchen Infektion enthalten Zellen des Immunsystems das Virus-Erbgut, allerdings werden mit diesem Bauplan keine neuen Viren hergestellt. Dadurch haben gängige HIV-Medikamente keinen Angriffspunkt.

Schon länger mutmaßten Wissenschaftler, dass eine Gruppe von Enzymen HI-Viren aus schlummernden Zellen locken könnte: Die Histon-Deacetylase-Hemmer legen Abschnitte des Erbguts frei, aktivieren diese Gensequenzen und sorgen so dafür, dass die Baupläne abgelesen werden.

Forscher der Universität North Carolina konnten nun zeigen: Dieser molekulare Mechanismus funktioniert tatsächlich, und zwar mit dem Histon-Deacetylase-Hemmer Vorinostat. Der Wirkstoff wird in den USA unter der Bezeichnung Zolinza vom Pharmakonzern Merck vertrieben und zur Behandlung verschiedener Krebserkrankungen wie T-Zell-Lymphom und Hautkrebs eingesetzt.

 

 

Für die Studie wurde zunächst 16 Probanden Blut entnommen. Daraus wurden CD4-positive Helferzellen isoliert und in vitro mit Vorinostat versetzt. Nach sechs Stunden war die Genexpression in den Zellen von elf Probanden signifikant hochreguliert.

Acht der elf Probanden, bei denen das Krebsmedikament im Reagenzglas-Test anschlug, bekamen den Wirkstoff verabreicht. Bei allen sei die Genexpression des HIV-Erbmaterials um das Anderthalbfache bis Zehnfache angestiegen, schreiben die Forscher.

„Erstaunlich ist, dass der Effekt des Medikaments im Menschen noch ausgeprägter war als in der Zellkultur“, sagte Professor Dr. Georg Behrens von der Medizinischen Hochschule Hannover. Allerdings sei auf einige interessante wie wichtige Aspekte nicht näher eingegangen worden. So bleibe unklar, ob die Einmal-Dosis ausreiche, um alle latent mit HIV infizierten Zellen aufzuwecken – zumal nicht jede Zelle absterbe, wenn sie eine Ladung HI-Viren hergestellt und ins Blut hinausgeschleudert hat.