Erneut wirkungslos

Hydroxychloroquin bald abgeschrieben?

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Berlin -

US-Wissenschaftler haben zum Wirkstoff Hydroxychloroquin eine Beobachtungsstudie in einem großen medizinischen Zentrum in New York bei hospitalisierten Patienten mit Covid-19 durchgeführt, um den Einsatz des Malariamittels genauer zu untersuchen. Denn bislang wurde der Wirkstoff im großen Umfang verabreicht, ohne dass belastbare Beweise für seine Anwendung oder Wirksamkeit vorliegen. Erste abgeschlossene Studien hatten die Wirksamkeit teilweise widerlegt.

Untersucht wurde in der US-Beobachtungsstudie der Zusammenhang zwischen der Gabe von Hydroxychloroquin und einer Intubation sowie ein möglicher Zusammenhang zwischen der Verabreichung des Wirkstoffes und einem tödlichen Ausgang bei hospitalisierten Patienten. Die Wissenschaftler verglichen den Krankheitsverlauf von Personen, die das Malariamittel erhielten, mit denen, die diese Medikation nicht erhielten.

Insgesamt wurden 1446 Patienten beobachtet. 70 von ihnen wurden binnen 24 Stunden nach der stationären Aufnahme intubiert oder starben. Von den verbleibenden 1376 Patienten erhielten 811 – das entspricht rund 60 Prozent – innerhalb von 23 Tagen Hydroxychloroquin in einer Dosierung von zweimal täglich 600 mg am ersten Tag und einmal täglich 400 mg für die folgenden fünf Tage. Es dürfte sich damit um eine der weltweit größten Behandlungsserien handeln.

Die Patienten, die mit Hydroxychloroquin behandelt wurden, waren zu Studienbeginn schwerer krank als diejenigen, die kein Hydroxychloroquin erhielten. Insgesamt hatten 346 Patienten (25,1 Prozent) ein primäres Endpunktereignis (180 Patienten wurden intubiert, von denen 66 anschließend starben und 166 ohne Intubation starben). In der Hauptanalyse gab es keinen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Gebrauch von Hydroxychloroquin und der Intubation oder dem Tod.

Die Wissenschaftler schließen die Beobachtungsstudie mit einem ernüchternden Ergebnis ab: Die Verabreichung von Hydroxychloroquin war weder mit einem stark verringerten noch mit einem erhöhten Risiko für den zusammengesetzten Endpunkt der Intubation oder des Todes verbunden. Weitere randomisierte kontrollierte Studien mit Hydroxychloroquin bei Patienten mit Covid-19 seien erforderlich.

Da der Wirkstoff den Patienten weder geschadet noch genutzt hat, hat die Klinik die Empfehlung des Einsatzes von Hydroxychloroquin zur Behandlung von Sars-CoV-2 Infizierten revidiert. Mediziner gehen davon aus, dass die Erfahrungen am Irving Medical Center und an weiteren Kliniken dazu führen werden, dass das Malariamittel nicht mehr zur Behandlung von Covid-19 eingesetzt wird.

Bis vor kurzem galten Chloroquin und sein Metabolit Hydroxychloroquin als Hoffnungsträger im Kampf gegen die neue Lungenerkrankung Covid-19. Denn zu Beginn der Pandemie hatten die Wirkstoffe in Studien gute Ergebnisse gezeigt. In den vergangenen Wochen rückten jedoch zunehmend negative Ergebnisse in den Fokus. Auch die FDA reagierte: Mit einer Drug Safety Communication wird vor Komplikationen gewarnt, die mit der Anwendung von Chloroquin und Hydroxychloroquin einhergehen können. In den meisten Fällen beruhen diese Komplikationen auf einer Verlängerung des QT-Intervalls im EKG. Auch andere Studien konnten einen Nutzen von Chloroquin und Hydroxychloroquin bisher nicht bestätigen. US-Wissenschaftler des Dorn Research Institute in Columbia, South Carolina, konnten beispielsweise zeigen, dass das Malariamittel, auch in Kombination mit Azithromycin, keinen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit für eine künstliche Beatmung hat. Bei Patienten, die nur Hydroxychloroquin erhielten, lag sogar eine deutlich höhere Sterberate vor, als bei denen, die unbehandelt blieben.

 

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