Herzmedikamente

Comeback der Nitro-Kapsel Nadine Tröbitscher, 02.11.2016 09:15 Uhr

Berlin - 

Pohl Boskamp hat sein Akutnitrat in Kapselform wieder auf dem Markt. Das berichtet PHARMA ADHOC. Das Produkt wird unter dem Namen Nitronal vertrieben und bietet Patienten bei akuter Angina pectoris eine Alternative zum Spray. Seit Anfang Oktober ist der Außendienst mit dem Produkt unterwegs, das erst vor einigen Jahren vom Markt verschwunden war.

In das Comeback der Glyceroltrinitrat-Kapseln hat der Hersteller aus Itzehoe nach eigenen Angaben Arbeit und Know-how investiert. Die neuen Zerbeißkapseln sind mit einer Stärke von 0,8 mg auf dem Markt. Man habe sich für die in der Vergangenheit mit Abstand führende Stärke entschieden, sagt Dr. Max Claußen, Leiter Medizinische Wissenschaft bei Pohl Boskamp. Dies entspreche der empfohlenen Standarddosierung zur Behandlung einer akuten Angina pectoris. Die Nischenprodukte mit 0,2 und 1,2 Milligramm Glyceroltrinitrat würden nicht wieder ins Programm aufgenommen.

Rückfragen von Patienten und der eigene medizinische Anspruch waren laut Claußen Anlass für eine Neueinführung der Kapseln. Das Herstellungsverfahren wurde überarbeitet und verbessert. In der Vergangenheit war die Herstellung nicht kostendeckend, das Verfahren war zu teuer. Aus diesem Grund verschwanden die Kapseln vom Markt.

Nitronal ist als Packung mit 30 Kapseln zurück. Die Verblisterung mit 6x5 Kapseln biete dem Patienten eine ideale Versorgung mit dem Akutprodukt, so Claußen. Patienten können stets Kapseln bei sich tragen, um im Akutfall versorgt zu sein, da sie die Blister verteilen können. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass Patienten das Spray oft zu Hause hatten und nicht mit sich führten.

Die Kapsel ermöglicht dem Patienten eine wahrnehmbare Anwendung, dies sei auch von psychologischer Bedeutung. Die Zerbeißnaht gilt als Sollbruchstelle und lässt die Kapsel besser aufgehen. Patienten nehmen ein Knacken wahr und schmecken den Wirkstoff. Eine Überdosierung, wie sie beim Spray möglich ist, sei auszuschließen. Der Sprühstoß sei von vielen Patienten nicht wahrgenommen worden und verleitete zum Nachsprühen, was einen starken Blutdruckabfall zur Folge habe, so Claußen. Ein bis drei Sprühstöße sind im Akutfall einer Angina pectortis zu geben, wobei ein Sprühstoß 0,4 mg Wirkstoff enthält. Die Kapseln haben eine Haltbarkeit von etwa zwei Jahren. Verwendet wird eine Mischgelatine, die in aufwendigen Herstellungsprozessen aufgearbeitet wird.

Glyceroltrinitrat hat durch die Freisetzung von Stickstoffmonoxid eine gefäßerweiternde Wirkung und ist Mittel der Wahl bei Angina pectoris. Die Ursache eines akuten Anfalls ist in den meisten Fällen eine koronare Herzkrankheit (KHK), in deren Folge sich die Gefäße durch arteriosklerotische Ablagerungen verengen; der Herzmuskel kann nicht mehr mit ausreichend Sauerstoff versorgt werden. Patienten beschreiben eine Brustenge, verbunden mit einem dumpfem, drückenden und brennenden Schmerz.

In Deutschland vertreibt Pohl Boskamp bereits seit 20 Jahren das Nitrolingual-Spray. Eine Überarbeitung der Galenik hat auch beim Pumpspray stattgefunden, statt 80 Prozent Ethanol enthält es noch 28 Prozent. Im Juli hatte Pohl Boskamp die US-Zulassung für Nitrolingual in Pulverform bekommen. GoNitro ist als Stickpack auf dem Markt. Für Deutschland sieht Geschäftsführer Thomas Höppner wenig Chancen: Die Herstellung sei zu teuer, um bei dem hiesigen Erstattungssystem wirtschaftlich zu sein.