Prognose ohne Biopsie

Glioblastom: Riechfunktion als neuer Biomarker Alexandra Negt, 06.02.2020 13:47 Uhr

Glioblastome sind hochmaligne Tumore im Gehirn. Sie sind momentan nicht heilbar. Um eine bessere Prognose zum Krankheitsverlauf abgeben zu können, untersuchen Wissenschaftler aktuell den Zusammenhang zwischen dem Geruchsinn und einem Fortschreiten der Erkrankung. Foto: Triff/Shutterstock.com
Berlin - 

Gliome sind Hirntumore, die von Zellen des Gliagewebes abstammen. Innerhalb dieser Tumorgruppe bilden die Glioblastome die häufigsten hirneigenen Neoplasien. Die Prognose für Betroffene ist schlecht, die Krankheit ist nicht heilbar und die mittlere Überlebenszeit liegt bei rund 18 Monaten. Zur Diagnostik ist bislang neben bildgebenden Verfahren immer eine Biopsie erforderlich. Die Gewebeprobe kann zudem Aufschlüsse über den Verlauf der Erkrankung geben. Nun wurde erstmals die Korrelation zwischen Geruchsinn und Prognose wissenschaftlich untersucht.

Studie

In einer Pilotstudie untersuchten Wissenschaftler der Universität Duisburg-Essen die Rolle des Geruchssinnes bei Patienten mit Glioblastom als prognostischen klinischen Faktor. Da eine Riechstörung bei anderen neurologischen Erkrankungen bereits als Biomarker bestätigt werden konnte, wollten die Duisburger Wissenschaftler prüfen, ob je nach Ausprägung der Dysomie auch hier eine präzisere Prognose zum Krankheitsverlauf gegeben werden kann.

Hierfür wurde das Riechvermögen von 73 Patienten mit primären Glioblastom untersucht. Die Kontrollgruppe bestand aus 49 Patienten mit neurologischen Erkrankungen, die den Geruchsinn nicht beeinflussen.

Bei Probanden mit einem Glioblastom trat wesentlich häufiger eine Störung des Geruchsinns auf als in der Kontrollgruppe. Bei Patienten mit einem verminderten Geruchssinn waren das Gesamtüberleben und das progressionsfreie Überleben signifikant schlechter im Vergleich zu Patienten mit einem unveränderten Geruchsinn (Gesamtüberleben: 20,9 gegen 40,6 Monate).

Somit zeigte die Studie erstmals einen Zusammenhang zwischen einer olfaktorischen Dysfunktion bei Glioblastom-Patienten und einer schlechteren Überlebenszeit. Die Forscher merkten an, dass die Validierung der Ergebnisse in einer weiteren unabhängigen Kohorte nötig sei.

Geruchsinn als Biomarker

Bei gewissen Erkrankungen scheint es häufig zu einem eingeschränkten Geruchsinn zu kommen. Bei Multipler Sklerose (MS), Parkinson und Alzheimer untersucht man diese olfaktorischen Veränderungen bereits seit Längerem. Wer an MS erkrankt ist, nimmt Düfte schon im Frühstadium der Nervenkrankheit schlechter wahr. Studien konnten zeigen, dass MS-Patienten, die schlechter riechen konnten, zugleich stärkere kognitive Beeinträchtigungen zeigten.

Bis zu drei Viertel der Parkinson-Patienten haben einen gestörten Geruchssinn. Einen eindeutigen Test zur Früherkennung gibt es bislang nicht. Ein Geruchstest wird von Fachärzten als eine mögliche Frühuntersuchung diskutiert. Auch bei Alzheimer konnten einzelne Studien einen Zusammenhang zwischen einem mangelnden Geruchssinn und einem erhöhten Risiko für die Demenzform bestätigen.

Glioblastom

Glioblastome sind Tumore im Gehirn, die durch pathologische Vermehrung von veränderten Astrozyten entstehen. Die meisten Erkrankten sind zwischen 45 und 60 Jahre alt. Die ersten Symptome entstehen meist durch das vorliegende Ödem im Schädel. Neben Kopfschmerzen, Schwindel und Sehstörungen zeigen die Patienten Epilepsie-Symptome. Eine Heilung durch Resektion alleine ist nicht möglich. Neben einer Radiochemotherapie werden Mittel zu Symptom- und Schmerzreduktion eingesetzt (Antiepileptika, Schmerzmittel).