Arzneimittelkosten

Glaeske: Preisexplosion bei Krebsmitteln inakzeptabel

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Berlin -

Muss die Hoffnung auf Krebsheilung mit einer Viertelmillion Euro pro Patient bezahlt werden oder geht es auch eine Nummer preiswerter? Nach Ansicht des Gesundheitsökonomen Professor Dr. Gerd Glaeske von der Bremer Universität sowie des Medizin-Kollegen Professor Dr. Lothar Weißbach von der Stiftung Männergesundheitsforschung sind die drastischen Preisanstiege bei Krebsmedikamenten nicht mehr zu rechtfertigen.

In einem Bericht der Bild-Zeitung moniert Glaeske am Beispiel des Schweizer Pharmakonzerns Novartis, dass dieser im Jahr 2017 einen Gewinn von 7,7 Milliarden Dollar eingestrichen hat und damit 12 Prozent mehr als im Vorjahr. Das Unternehmen betont, dass es die hohen Gewinne vor allem mit Krebs-Medikamenten einfahre.

Nach Glaeskes Auffassung ist das nicht mehr gerechtfertigt, sondern Abzocke. So kostet das Novartis-Medikament Rydapt (Midostaurin) gegen akute myeloische Leukämie (AML) 258.000 Euro pro Jahr und Patient. In einer weiteren Indikation, der fortgeschrittenen systemischen Mastozytose (advSM), kostet es 518.000 Euro pro Patient und Jahr. Dazu kommt eine weitere EU-Zulassung für Novartis, bei der das Medikament als Einmalgabe verabreicht werden kann, das soll dann 300.000 Euro kosten. Novartis erklärt die Preisunterschiede damit, dass bei der Diagnose advSM die doppelte Dosierung erforderlich sei.

Glaeske wird in der Zeitung mit den Worten zitiert: „Der Fall ,Rydapt' zeigt, wie gnadenlos die Kassen von Pharmafirmen für ihre Gewinne benutzt werden. Es ist höchste Zeit, dass solchen Wucherpreisen ein Riegel vorgeschoben wird.” Die Preissteigerungen für Arzneimittel bei den Krankenkassen untermauern die Thesen des Bremer Professors. Wurden 2006 noch 1,6 Milliarden Euro ausgegeben, waren es zehn Jahre später mit 5,8 Milliarden Euro mehr als das dreifache. Den höchsten Anteil dabei haben Krebsmedikamente.

Als Grund für diese Entwicklung sieht Glaeske neben den Profitinteressen der Pharmabranche auch die Erwartungen der Krebserkrankten, die möglichst jede Neuerung haben wollten, um die Aussicht auf eine längere Überlebensrate zu haben. Da würden Kassen schnell einknicken, weil sie todkranken Menschen mit ihrer Hoffnung auf einen Therapieerfolg nicht durch Diskussionen um zu hohe Kosten entgegentreten wollten.

Vor dem Hintergrund des lukrativen Geschäftes mit Krebsmedikamenten, die immer zahlreicher und in immer kürzerer Taktung mit neuen Wirkversprechen auf den Markt kommen, ist eine aktuelle britische Studie stark ernüchternd. Denn danach haben viele der neuen Arzneimittel keinen wirklichen Nutzen für die Patienten. Laut Glaeske belegt die Studie sogar, dass von wenigen Krebsarten abgesehen, die durchschnittliche Überlebenszeit um lediglich zwei bis drei Monate verlängert wird.

Auch der Medizinkollege Lothar Weißbach hält die „Mondpreise” bei Krebsmedikamenten gegenüber der Versichertengemeinschaft für nicht darstellbar. Weißbach zählt zu denjenigen, die im Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) von 2011 gerne eine Preisbremse auch schon im 1. Jahr der Zulassung gesehen hätten. Stattdessen gibt es von der Industrie eingeräumte Rabatte, die laut Weißbach wie Preisabsprachen wirken. Sie verschleiern nach seiner Überzeugung die Ausgaben der Krankenkassen und die Einnahmen der Pharmaindustrie.

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