Generikahersteller

Novaminsulfon Lichtenstein nicht lieferbar Carolin Bauer, 04.08.2015 08:51 Uhr

Berlin - 

Die Sanofi-Tochter Zentiva kann Novaminsulfon Lichtenstein (Metamizol) derzeit nicht liefern. Betroffen sind die Tropfen in drei Packungsgrößen. Grund sind Engpässe bei der Produktion eines Lohnherstellers. Die Lieferschwierigkeiten können den ganzen August andauern. Das Schmerzmittel ist das am zweithäufigsten auf Kassenrezept verordnete Medikament überhaupt.

Zentiva informiert auf der Internetseite über die aktuellen Probleme. Bis Mittwoch könnten die Packungsgrößen 50 und 100 ml nicht geliefert werden. Danach werde neue Ware erwartet, so eine Sprecherin. Die Lieferengpässe betreffen auch die Größe à 20 ml.

„Wir haben beim Absatz enorme saisonale Schwankungen“, so die Sprecherin. In der Wintersaison sei die Nachfrage 20 Prozent höher gewesen. Apotheken könnten sich tagesaktuell informieren, welche Packungsgrößen betroffen seien. Tabletten seien weiterhin lieferfähig.

Derzeit werden die Tropfen an den Sanofi-Standorten in Frankfurt und Köln (Nattermann) produziert; außerdem gibt es einen Vertrag mit dem Lohnhersteller Amcapharm aus Rosbach. Wo es die Probleme gibt, war auf Nachfrage nicht zu erfahren. Zentiva will einen weiteren Hersteller mit der Produktion von Novaminsulfon Lichtenstein beauftragen.

Abhängig von den individuellen Beständen könne es vorkommen, dass vorübergehend ein austauschfähiges Alternativpräparat abgegeben werden müsse, so die Sprecherin. Die Kassen seien bereits informiert. Für den Fall, dass trotzdem retaxiert werde, stellt der Konzern den Apotheken eine Nichtverfügbarkeitsbescheinigung aus. Die aktuelle Version umfasst den Zeitraum 3. bis 5. August. Zentiva hat mit rund 140 Krankenkassen exklusive Vereinbarungen für den Wirkstoff geschlossen.

Laut Arzneiverordnungsreport wurde das Schmerzmittel 2013 rund 11,8 Millionen Mal verschrieben, ein Plus von 48 Prozent im Vorjahresvergleich. Der Zuwachs geht auf Rabattverträge zurück. Nach Ibuflam, das ebenfalls von Zentiva kommt, ist das Schmerzmittel damit die Nummer 2 im Verordnungsranking. Die Ausgaben der Kassen lagen bei 147 Millionen Euro, Rabatte nicht berücksichtigt.

Unter allen Metamozil-Anbietern hält Winthrop einen Anteil von fast 70 Prozent. Dahinter folgen Ratiopharm mit 3 Millionen Verordnungen, entsprechend 18 Prozent Marktanteil, und 1A Pharma mit 1,6 Millionen Verordnungen beziehungsweise knapp 10 Prozent. Hexal, AbZ und CT sowie die Altoriginale Novalgin (Sanofi) und Berlin-Chemie (Berlosin) sowie Medphano (Analgin) sind von untergeordneter Bedeutung. Insgesamt wurde der Wirkstoff rund 17 Millionen Mal verordnet, das entspricht 156 Millionen Tagestherapiedosen (DDD).

Das verschreibungspflichtige Arzneimittel ist zur Anwendung bei akuten starken Schmerzen nach Verletzungen oder Operationen, Koliken, Tumorschmerzen sowie hohem Fieber zugelassen. Novaminsulfon Lichtenstein kann ab einem Alter von drei Monaten in niedriger Dosierung eingenommen werden. Bei älteren Patienten sollte die Dosis vermindert werden, da die Ausscheidung der Stoffwechselprodukte verzögert sein kann.

Metamizol wurde 1911 erstmals synthetisiert und 1922 von Hoechst unter dem Handelsnamen Novalgin eingeführt. Wegen schwerwiegender Agranulozytosen wurden der Wirkstoff 1987 der Verschreibungspflicht unterstellt; Kombinationspräparate wurden verboten.

Mittlerweile wird das Risiko im Gesamtkontext gesehen und der Wirkstoff wieder zunehmend verordnet. Auch die Erstattungsfähigkeit könnte dabei eine Rolle spielen: Andere Analgetika wie ASS oder Paracetamol sind zwar preiswert, müssen aber von den Patienten aus eigener Tasche bezahlt werden.