Idiopatische Skoliose

Erstes Haltesystem für Kinder zugelassen

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Berlin -

Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat dem Hersteller Zimmer Biomet Spine die Genehmigung für das Tether – Vertebral Body Tethering System erteilt: Es handelt sich dabei um das erste Haltesystem für die Wirbelsäule, das bei Kindern und Jugendlichen zur Korrektur der idiopathischen Skoliose angewendet werden kann und um eine völlig neue Behandlungsoption.

Die idiopathische Skoliose ist eine Seitwärtskrümmung der Wirbelsäule, deren Ursache unbekannt ist. Bei Kindern im Alter von 10 bis 18 Jahren ist es die häufigste Deformität der Wirbelsäule. Sie kann jedoch auch bei jüngeren Kindern auftreten. Es kommt zu unterschiedlich hochstehenden Schultern, einer Schiefstellung des Beckens, schief gehaltenem Kopf, Rückenschmerzen und Verspannungen. Die Folge sind Versteifungen der jeweiligen Wirbelabschnitte und ein frühzeitiger Verschleiß.

Die Wirbelsäule hat von der Seite betrachtet, normalerweise die Form eines doppelten „S“, von hinten betrachtet bildet sie annähernd eine gerade Linie. Bei einer Skoliose krümmt sich die Wirbelsäule jedoch auch seitwärts. Für Kinder und Jugendliche im Wachstum, sind die bisherigen Standardtherapien konservative, nicht-chirurgische Behandlungen, wie beispielsweise externe Bandagen zur Korrektur der Wirbelsäulenverkrümmung und Physiotherapie.

Knapp 7000 Patienten in den USA entwickeln dennoch jedes Jahr progressive Krümmungen: Für diese Patienten gibt es die Möglichkeit der Wirbelsäulenfusionsoperation: Es werden Implantate zur Korrektur der Krümmung eingesetzt, um diese dauerhaft zu stabilisieren und zu korrigieren. Obwohl eine solche OP häufig erfolgreich ist, schränkt sie die Bewegung der Wirbelsäule dauerhaft ein und kann langfristig zu Komplikationen wie Schmerzen, Arthritis und zukünftigen Wirbelsäulendeformitäten führen, die eine zusätzliche chirurgische Behandlung erfordern könnten.

„Für Kinder und Jugendliche mit idiopathischer Skoliose, die nicht günstig auf eine Bandage ansprechen, beschränkten sich die Behandlungsmöglichkeiten auf Fusionsoperationen“, sagte Dr. Raquel Peat, Direktorin des Amtes für orthopädische Geräte im FDA-Zentrum für Geräte und radiologische Gesundheit. „Die heutige Zulassung bietet Zugang zu einer neuen Behandlungsoption, die die Lebensqualität von Patienten mit idiopathischer Skoliose verbessern könnte.“ Das Tether – Vertebral Body Tethering System wurde entwickelt, um die Krümmung des Patienten zu korrigieren und aber gleichzeitig den Bewegungsumfang im Vergleich zu Wirbelsäulenfusionsverfahren zu erweitern.

Das System umfasst Anker und Wirbelkörperschrauben, die im gekrümmten Abschnitt der Wirbelsäule durch einen Einschnitt an der Seite der Brust auf der gleichen Seite jedes Wirbels platziert werden. Die Schrauben sind mit einer flexiblen Schnur verbunden. Während der Operation wird diese Schnur gespannt, um eine Seite der Wirbelsäule zusammenzudrücken und die Krümmung teilweise zu korrigieren. Mit der Zeit verlangsamt die Schnur das Wachstum auf der gekrümmten Seite der Wirbelsäule und fördert das Wachstum auf der gegenüberliegenden Seite: Dies bietet eine zusätzliche Korrektur der Kurve, wenn der Patient weiterwächst.

Eine Entfernung des Systems darf nur erfolgen, wenn bestimmte Probleme wie Überkorrekturen auftreten. Während der Behandlung werden die Patienten mithilfe von regelmäßigen Röntgenaufnahmen überwacht, um die Wirbelsäulenverkrümmung zu verfolgen und mögliche Probleme frühzeitig zu erkennen. Für die Patienten, deren Krümmung durch das System nicht ausreichend korrigiert werden, ist eine Wirbelsäulenfusionsoperation weiterhin möglich.

Die FDA überprüfte die Daten für das Vertebral Body Tethering System im Rahmen des Humanitarian Device Exemption-Verfahrens (HDE): Ein Humanitarian Use Device (HUD) ist ein Gerät, das Patienten durch die Behandlung oder Diagnose einer Krankheit oder eines Zustands – von der nicht mehr als 4000 Personen in den USA pro Jahr betroffen sind – Vorteile bringen soll. Die FDA überprüfte dazu klinische Daten, die die Sicherheit und den wahrscheinlichen Nutzen bei 57 Patienten belegen, die das Gerät erhielten.

Nach zwei Jahren hatten 43 Patienten eine ausreichende Verbesserung der Krümmung ihrer Wirbelsäule und benötigten keine Wirbelsäulenfusion. Die am häufigsten beobachteten schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse waren eine Überkorrektur der Krümmung, ein Brechen des Seils, ein Pneumothorax oder ein Luftleck im Raum zwischen Lunge und Brustwand. Es wurden auch allgemeine Komplikationen im Zusammenhang mit einem chirurgischen Eingriff an der Wirbelsäule festgestellt, einschließlich Schmerzen, Atemproblemen, Nervenverletzungen und Blutungen.

Zimmer Biomet Spine hat der FDA mitgeteilt, dass das Unternehmen eine Partnerschaft mit der Harms Study Group eingehen wird – einer Gruppe von Chirurgen, die sich der Verbesserung der Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Wirbelsäulendeformitäten widmet. Dadurch sollen nach der Zulassung praxisrelevante Daten gesammelt werden. „Diese Art der Datengenerierung nach dem Inverkehrbringen kann eine kontinuierliche Überwachung der Gerätesicherheit und zusätzliche Nachweise für die Wirksamkeit liefern“, sagte Amy Abernethy, stellvertretende Hauptkommissarin der FDA.

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