Antidiarrhoika

Vaprino: OTC ab 12 Jahren

, Uhr aktualisiert am 13.01.2015 16:08 Uhr
Berlin -

Vaprino (Racecadotril) kann künftig womöglich auch zur Behandlung von akutem Durchfall bei Jugendlichen ab zwölf Jahren in der Selbstmedikation eingesetzt werden. Der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht stimmte heute für die Freigabe, wie der Hersteller Boehringer Ingelheim mitteilt. Bislang ist das vor zwei Jahren eingeführte Produkt nur für Erwachsene als OTC-Medikament zugelassen.

Bislang hatte Boehringer mit Vaprino nicht den ganz großen Erfolg: Einerseits stand das Produkt im Schatten des parallel eingeführten Erkältungsmittels BoxaGrippal, dem schon alleine wegen des Marktvolumens mehr Potenzial zugetraut wurde. Andererseits konnte sich das Durchfallmittel bislang nicht gegen bekannte Marken wie Imodium (Johnson & Johnson), Lopedium (Hexal), Perenterol und Tannacomp (beide Medice) durchsetzen, auch weil diese schon für Jugendliche ab zwölf Jahren zugelassen sind.

Im Sommer scheiterte der Konzern mit einem Antrag, Vaprino für Kinder bereits ab fünf Jahren rezeptfrei zu machen. Die Freigabe für Jugendliche ab dem vollendeten 12. Lebensjahr wurde damals ebenfalls abgelehnt, denn die vorgesehene Einmaldosis von 60 Milligramm bezog sich auf ein Körpergewicht von 40 Kilogramm. Die Experten wandten ein, dass dies im Alter von zwölf Jahren nicht der Regelfall sei, wurden sich jetzt aber einig, auf Einschränkungen mit Blick auf das Gewicht zu verzichten.

Boehringer will das Granulat mit 30 Milligramm Wirkstoff noch in diesem Jahr auf den Markt bringen, vorausgesetzt das Bundesgesundheitsministerium (BMG) folgt der Empfehlung und die Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) wird entsprechend geändert. Die Packung mit 18 Sachets soll für eine Anwendungsdauer von maximal drei Tagen reichen.

Boehringer ist von dem Wirkmechanismus überzeugt: Der aktive Metabolit Thiorphan wirkt antagonistisch an membrangebundenen Enkephalinasen und verhindert so den Abbau von Proteinen, die die Sekretion von Wasser und Elektrolyten in das Darmlumen hemmen.

Im Vergleich zu Loperamid löst Racecadotril laut Boehringer weniger Verstopfungen aus, hält keine durchfallauslösenden Krankheitserreger zurück und führt seltener zu Bauchschmerzen. Außerdem seien keine Wechselwirkungen bekannt.

„Die positive Entscheidung ist ein wichtiger Schritt, damit in Zukunft auch Kinder und Jugendliche von der effektiven Wirkung und der guten Verträglichkeit von Racecadotril in der Selbstmedikation profitieren können“, sagte OTC-Chefin Patricia Alison Hartley. Weltweit seien bereits fast 45 Millionen Kinder mit dem Wirkstoff behandelt worden.

Der deutsche Konzern, der mit Dulcolax und Laxoberal auf einen Marktanteil von einem Drittel im Bereich der Abführmittel kommt, hatte bislang gar kein Antidiarrhoikum im Sortiment.

Insgesamt werden pro Jahr in den Apotheken rund 80 Millionen Euro mit Antidiarrhoika umgesetzt, das ist halb so viel wie mit Laxantien. Mehr als die Hälfte des Marktes entfällt auf Loperamid-Produkte, allen voran Imodium mit einem Anteil von mehr als einem Drittel und Lopedium von knapp 10 Prozent. Das Hefepräparat Perenterol kommt auf 20 Prozent, das tanninhaltige Mittel Tannacomp ebenfalls auf rund 10 Prozent. Abgeschlagen folgen Rehydratationstherapeutika und Medizinische Kohle.

Freigegeben wurde auch Mometason „zur nasalen Anwendung zur symptomatischen Behandlung der saisonalen allergischen Rhinitis bei Erwachsenen und Kinder ab 12 Jahren in einer Einzeldosis von 200 Mikrogramm“. Erst im Sommer war Fluticason entlassen worden; Beclometason ist bereits seit 1997 rezeptfrei. Metronidazol zur Behandlung der Rosacea bleibt rezeptpflichtig.

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