Dermatika

Schärfere Auflagen für Retinoide APOTHEKE ADHOC, 15.07.2016 13:46 Uhr

Berlin - 

Während in den USA mit Adapalen gerade das erste Retinoid zur topischen Behandlung der Akne aus der Rezeptpflicht entlassen wurde, werden hierzulande die Sicherheitsmaßnahmen für die Wirkstoffgruppe verschärft.

Oral angewendete Retinoide können das ungeborene Kind schädigen, deshalb dürfen sie nicht bei Schwangeren angewendet werden. Alternativ muss eine Schwangerschaft sicher ausgeschlossen werden. Eine fruchtschädigende Wirkung retinoidhaltiger Cremes und Gels ist weniger gut belegt, aber die Anwendung während der Schwangerschaft wird nicht empfohlen.

Auf Initiative der britischen Aufsichtsbehörde MHRA hat der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) ein Verfahren gestartet, um die verfügbaren Maßnahmen zur Schwangerschaftsverhütung wissenschaftlich neu zu bewerten. Nach wie vor treten Schwangerschaften während der Exposition mit Vitamin-A-Derivaten auf.

Daher sei die Frage aufgekommen, wie gut die Programme in der Praxis eingehalten würden und ob die Vorgaben in den einzelnen Mitgliedstaaten in gleicher Weise befolgt würden. Außerdem seien angemessene Maßnahmen zur Schwangerschaftsverhütung im Zusammenhang mit der Anwendung von Retinoiden auf der Haut zu eruieren, so der PRAC.

Um die Risiken zu minimieren, gibt es nicht nur Warnhinweise in der Fach- und Gebrauchsinformation, sondern auch Informationsmaterialien für die Patientinnen. Der Arzt muss ein entsprechendes Aufklärungsgespräch durchführen und dies auch dokumentieren. Außerdem prüfen die Behörden das Auftreten von Schwangerschaften unter Therapie mit den Wirkstoffen.

Die Experten in London wollen außerdem die Maßnahmen zur Verringerung des Risikos für das Auftreten neuropsychiatrischer Erkrankungen wie Depressionen, Angst, psychotischer Erkrankungen und suizidalem Verhalten für oral und topisch anzuwendende Retinoide überprüfen. Entsprechende Warnhinweise seien in den Produktinformationen zum Teil bereits aufgeführt.

Wirkstoffe wie Acitretin, Adapalen, Alitretinoin, Bexaroten, Isotretinoin, Tazaroten und Tretinoin werden oral eingenommen oder als Creme beziehungsweise Gel auf die Haut aufgetragen, um Erkrankungen wie Akne, Psoriasis und schwerer Handekzeme zu behandeln. Einige Retinoide werden zur Behandlung bestimmter Krebsformen eingesetzt.

Bei Acitretin zur Behandlung von schweren und schwersten Verhornungsstörungen der Haut wie Psoriasis, Ichthyosis und Lichen ruber planus haben sich die europäischen Zulassungsbehörden parallel darauf verständigt, den bisherigen Zweijahres-Kontrazeptionszeitraum nach Therapieende auf drei Jahre auszuweiten.

Alkoholkonsum kann dazu führen, dass Acitretin zu Etretinat verstoffwechselt wird, welches ebenfalls hochgradig teratogen wirkt. Etretinat lagert sich im Fettgewebe ab und hat dadurch eine sehr lange Halbwertszeit von 120 Tagen. Patientinnen im gebärfähigen Alter dürfen deshalb bis zwei Monate nach Beendigung der Therapie keinen Alkohol aus Getränken, Nahrung oder Arzneimitteln zu sich nehmen. Patienten dürfen innerhalb von drei Jahren nach Beendigung einer Acitretintherapie außerdem kein Blut spenden.

Die FDA hatte vor wenigen Tagen das Adapalen-haltige Akne-Präparat Differin-Gel (Galderma) als erstes topisches Arzneimittel aus der Gruppe der Retinoide aus der Verschreibungspflicht entlassen. Der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht hatten einen entsprechenden Antrag im Januar abgelehnt.