Retaxierungswelle befürchtet

Cannabispreisverordnung: VCA fordert Friedenspflicht

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Berlin -

Der wirtschaftliche Einkauf bei Cannabis rückt seit den Preisänderungen, die rückwirkend zum 1. März gelten, weiter in den Fokus. Die abrechnungsfähigen Preise sind für alle Sorten gleich. Folglich müssten Apotheken per Mischkalkulation die Preise berechnen, um die Cannabis-Rezeptur weiterhin rentabel zu halten. Der Verband der cannabisversorgenden Apotheken (VCA) sieht die neu festgelegten Preise kritisch. Neben finanziellen Einbußen erwartet der Verband auch eine Retaxierungswelle und damit zusätzlichen Mehraufwand für Apotheken. 

„Aus hohen prozentualen Aufschlägen, die sich aus der Arzneimittelpreisverordnung für rezeptpflichtige Nicht-Fertigarzneimittel ergeben, sind nun je nach Menge gestaffelte, niedrigere prozentuale Aufschläge oder Festzuschläge geworden“, so informiert die Abda über die neuen Preisbildungsregeln für Cannabis. Für die Apotheken könnten diese Einheitspreise problematisch werden, da nicht alle Blüten gleich viel im Einkauf kosten. Je größer die jeweils abzugebene Menge, desto kleiner wird der Fixzuschlag, den die Apotheke taxieren darf. Als Beispiel: Für alle Sorten ist ein einheitlicher Preis von 9,52 Euro pro Gramm abrechnungsfähig. Zu dem festgelegten Grammpreis kommen gestaffelte Fixzuschläge hinzu. Bis einschließlich 15 Gramm können 9,52 pro Gramm taxiert werden. Für jedes weitere Gramm bis zu einer Gesamtmenge von 30 Gramm sind 3,70 Euro abrechnungsfähig. Für alle Mengen über 30 Gramm können je Gramm 2,60 Euro taxiert werden.

Das nützt vor allem der Krankenkasse, so die Meinung des VCA. Die finanziellen Einbußen, die durch das neue Abrechnungsmodell entstehen würden, kämen aktuell zu der ohnehin schwierigen Lage aufgrund der Corona-Pandemie hinzu. Des Weiteren bemängelt der Verband, dass die Apotheken wenig Zeit hatten, sich mit der Thematik auseinander zu setzen: „Die Cannabis abgebenden und versorgenden Apotheken konnten sich in keinster Weise aktiv auf die neue Abrechnungsregelung vorbereiten.“

Der Verband spricht sich für mehr Entbürokratisierung aus. Dies sei wichtig, um die Qualität der Cannabisversorgung durch die Apotheken nicht zu gefährden. Außerdem bemängelt der VCA die Vorgehensweise der einzelnen Behörden bei Revisionen: „Wir benötigen eine bundesweit einheitliche Harmonisierung der Anforderungen an Punkte wie die Identitätsprüfungen. Jede Aufsichtsbehörde hat ihr eigenes Vorgehen.“ Hierdurch würde es zu Blockaden bei zukünftigen Innovationen bei Extrakten und anderen Arzneiformen kommen.

Die rückwirkende Gültigkeit zum 1. März sieht der Verband als nicht angemessen an: „Die rückwirkende Gültigkeit der neuen Regelung trifft die Cannabis abgebenden Apotheken zu einem Zeitpunkt, an dem aufgrund der Corona-Pandemie sämtliche Apothekenressourcen auf die Bewältigung der Pandemie sowie die kontinuierliche Versorgung der Patienten unter erschwerten Bedingungen ausgerichtet sind.“ Sie verweisen darauf, dass die Apotheken auch in dieser Zeit alle Patienten – ohne Unterbrechung – mit Cannabis und Cannabis-haltigen Rezepturen versorgt haben.

Um Retaxierungen vorzubeugen, empfiehlt der VCA sich mit den Rechenzentren bereits jetzt in Verbindung zu setzen. Der VCA empfiehlt den Apotheken, vorsorgliche Rückstellungen zu bilden und Absprachen mit Ihren Rechenzentren zu treffen. Eine Frage bleibt nämlich noch offen: „Wer führt die Retaxationen zugunsten der Apotheken durch?“ Denn aufgrund der neuen, degressiven Vergütung könnten für bereits belieferte Verordnungen kleinerer Mengen rückwirkend Guthaben resultieren.

Um ein großes Durcheinander gerade aufgrund der aktuellen Situation zu vermeiden, fordert der VCA „eine Friedenspflicht für Retaxationen bis zum 1. Juli 2020.“ Dies würde auch den Softwarehäusern mehr Zeit geben, die neuen Abrechnungsregelungen in die Software zu implementieren.

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