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Cannabis: Der erste Vollextrakt kommt APOTHEKE ADHOC, 10.10.2017 13:20 Uhr

Berlin - 

Das kanadische Unternehmen Tilray hat angekündigt, als erster Hersteller Cannabis-Vollextrakte in pharmazeutischer Qualität auf den deutschen Markt zu bringen. Ab Mitte Oktober sollen die Präparate bundesweit in allen Apotheken verfügbar sein, die vom Großhändler Noweda beliefert werden.

Bei den neuen Produkten handelt es sich um sogenannte Vollspektrum-Extrakte, die neben den beiden Hauptwirkstoffen Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) auch alle weiteren Wirkstoffe der Cannabisblüte, wie beispielsweise Terpene, enthalten. Zu den Neuzugängen gehört der standardisierte Cannabisextrakt „THC25“ mit einem THC-Gehalt von 25 mg/ml. Der CBD-Wert liegt bei diesem Produkt unter 0,5 mg/ml. Außerdem kommt „THC10:CBD10“ auf den deutschen Markt, das einen THC- und CBD-Gehalt von 10 mg/ml aufweist. Beide Extrakte sind raffiniert in Traubenkernöl und werden in einer weißen PET-Flasche mit Pipette ausgeliefert. Die Präparate müssen kühl gelagert werden.

Im Gegensatz zu den Blüten der Pflanze, die geraucht oder mittels eines Verdampfers inhaliert werden müssen, sind die Tilray-Produkte für die orale Anwendung gedacht. Es handelt sich um Tropfen zum Einnehmen, die ein Rezepturarzneimittel darstellen. Daher muss in der Apotheke eine Identitätsprüfung vorgenommen werden. Eine Methodik stellt Tilray auf dem geschützten Bereich der Website zur Verfügung. Referenzsubstanzen sind über die Bionorica-Tochter THC Pharm zu beziehen.

Der Import ist das Resultat einer Zusammenarbeit zwischen Tilray, dem Großhändler Noweda sowie dem Rheinberger Pharmadienstleister Paesel & Lorei. In Zukunft ist geplant, entsprechende Importe über den gesamten pharmazeutischen Großhandel auszuliefern. Doch Tilray will nicht nur als erstes Unternehmen pflanzliche, dosier- und titrierbare Cannabisprodukte nach Deutschland liefern, sondern mittelfristig auch vor Ort herstellen. „Deutschland ist für uns der wichtigste europäische Markt“, betont Geschäftsführer Brendan Kennedy. „Unser Ziel ist es, die Forschungsmöglichkeiten in Deutschland zu nutzen.“

Dazu wollen die Kanadier innerhalb der nächsten 18 Monate beginnen, mit deutschen Institutionen zusammenzuarbeiten, um in die klinische Entwicklung von von Fertigarzneimitteln mit Cannabiswirkstoffen zu investieren. In seinem Heimatland hat Tilray bereits begonnen, sich auch in der klinischen Forschung zu medizinischem Cannabis zu engagieren.

So unterstützen das Unternehmen laut eigenen Angaben verschiedene Forschungsinstitutionen wie das McGill University Health Centre in Montreal bei klinischen Studien zur Erprobung der Wirksamkeit von Cannabispräparaten bei Übelkeit und Erbrechen während einer Chemotherapie, bei Epilepsie im Kindesalter, bei chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) und posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS).

Tilray ist Teil der seit einigen Jahren boomenden Cannabis-Industrie in Nordamerika. In der Stadt Nanaimo in British Columbia unterhält die Firma mit 150 Mitarbeitern eine 30-Millionen-Dollar-Anlage zur Produktion von medizinischem Cannabis und baut bereits an zwei weiteren solcher Anlagen in Kanada und Portugal. Das Unternehmen ist als erster nordamerikanischer Hersteller GMP-zertifiziert und exportiert bisher in die USA, nach Australien, Neuseeland, Chile, Brasilien sowie nach Kroatien und Zypern.