Mammakarzinom

Brustkrebs: Nerlynx senkt Rezidivrisiko Alexandra Negt, 04.12.2019 11:54 Uhr

Neratinib ist ein Tyrokinase-Inhibitor, der in der frühen Phase der Brustkrebsbehandlung eingesetzt wird. Nach abgeschlossener Trastuzumab-Behandlung wird Nerlynx ein Jahr lang eingenommen. Foto: Underdogstudios / fotolia.de
Berlin - 

Der neue Wirkstoff Neratinib ist zur Behandlung von HER2-positivem Brustkrebs indiziert. Nach einer adjuvanten Trastuzumab-basierten Therapie bietet Nerlynx (Pierre Fabre) eine flexibel einsetzbare extendierte adjuvante Behandlungsmöglichkeit in Tablettenform. Das Rezidivrisiko kann deutlich sinken.

Bei Neratinib handelt es sich um einen pan-HER-Tyrosinkinase-Inhibitor. Er bindet irreversibel an die Tyrosinkinasen der HER-Domänen und kann nachgelagerte Signalwege inhibieren. Nerlynx ist in der frühen Phase der Brustkrebsbehandlung zur Anwendung bei erwachsenen HER2+/HR+ Patienten innerhalb eines Jahres nach Beendigung einer vorangegangenen Trastuzumab-basierten Therapie in der extendierten Adjuvanz zugelassen.

Die Dosierung beträgt 240 mg Neratinib täglich, das entspricht sechs Tabletten à 40 mg. Die Einnahme wird zusammen mit Nahrung am Morgen empfohlen. Die individuelle Dosierung richtet sich nach dem Patienten. Der Start der Therapie sollte innerhalb des ersten Jahres nach einer Trastuzumab-Behandlung erfolgen.

Unter der Anwendung von Nerlynx kann es zu schwerwiegender Diarrhoe kommen. Patienten müssen über dieses Risiko aufgeklärt werden. Pierre Fabre stellt hierfür Schulungsmaterial bereit. Es besteht aus einem Behandlungsleitfaden für Patienten und Betreuer, einem Patiententagebuch und der Gebrauchsinformation. Aufgrund der Nebenwirkung gehören Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis Ulcerosa zur Risikogruppe.

Im Patiententagebuch sollte vor der Behandlung das Körpergewicht eingetragen werden, so lässt sich die Gewichtsentwicklung nachverfolgen. Mit Hilfe des Tagebuches können Patienten die Stuhlhäufigkeit ermitteln und in Absprache mit dem Arzt eventuell notwendige Maßnahmen treffen. Neben Angaben zur Stuhlbeschaffenheit sollten Patienten auch die Anzahl der eingenommenen Tabletten notieren – der Arzt kann die Dosierung so leicht überprüfen und gegebenenfalls anpassen.

Pierre Fabre empfiehlt eine Diarrhoe-Prophylaxe für die ersten zwei Monate der Therapie. In den ersten zwei Wochen werden 4 mg Loperamid dreimal täglich eingenommen. Ab der dritten bis zur achten Woche wird die Dosis auf zweimal täglich reduizerit. Ab der neunten Woche erfolgt eine Einnahme nach Bedarf. Die maximale Tagesdosis von 16 mg darf nicht überschritten werden.

Um die Beschwerden zu lindern, sollten Patienten zusätzlich auf Alkohol, Koffein, Milch, Ballaststoffe, stark gewürzte und sehr fettige Speisen verzichten. Die häufigere Einnahme kleinerer, leichtverdaulicherer Mahlzeiten wird empfohlen. Die Flüssigkeitszufuhr sollte auf Wasser oder ungesüßten Tee beschränkt werden.

Schweregrade der Diarrhoe:

  • Grad 1: <4 Stuhlgänge pro Tag; geringer Anstieg der Stuhlmenge
  • Grad 2: 4 – 6 Stuhlgänge pro Tag; mäßiger Anstieg der Stuhlmenge
  • Grad 3: >7 Stuhlgänge pro Tag; starker Anstieg der Stuhlmenge, Inkontinenz
  • Grad 4: Lebensbedrohliche Folgen; Intervention dringend erforderlich

Innerhalb der Zulassungsstudie ExteNet zeigten über 90 Prozent der Patienten mindestens eine Diarrhoe-Episode. 37 Prozent davon berichteten von mehr als sieben Stuhlgängen pro Tag. Bei 0,2 Prozent der Patienten kam es zu Diarrhoen mit lebensbedrohlichen Folgen. Diese Nebenwirkung führte dazu, dass die Dosierung bei knapp 25 Prozent reduziert werden musste. Bei 14,4 Prozent wurde Neratinib abgesetzt.

Diarrhoe trat im Allgemeinen im ersten Monat auf, über 80 Prozent berichteten innerhalb der ersten Woche von der unerwünschten Arzneimittelwirkung. Da die Durchfälle schwer ausgeprägt sein können, kann es zur Dehydrierung kommen. Eine Gabe von physiologischer Kochsalzlösung kann den Flüssigkeitshaushalt ausgleichen.

Nach Angaben der Deutschen Krebsgesellschaft ist Brustkrebs mit 30,5 Prozent die häufigste Krebserkrankung bei Frauen in allen Staaten der industrialisierten Welt. Seit den 1980er-Jahren ist die Zahl der Fälle auf das Doppelte gestiegen. Auch Männer können an Brustkrebs erkranken, jedoch viel seltener. Im Jahr 2014 kamen auf rund 69.000 Neuerkrankungen bei Frauen nur 650 Neuerkrankungen bei Männern.