Gichttherapeutika

BfArM: Dosisreduktion und Höchstmenge für Colchicin APOTHEKE ADHOC, 21.11.2018 09:17 Uhr

30 statt 100 ml: Das BfArM legt Höchstmenge bei Colchysat fest. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Reaktion auf Todesfälle: Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat für Colchysat Bürger und Colchicum Dispert (Johannes Bürger Ysatfabrik) Änderungen bezüglich der Dosierung und der Packungsgröße festgelegt. So soll das Risiko für eine Überdosierung durch Medikationsfehler verringert werden.

Im Januar verstarb ein 73-jähriger Mann etwa 50 Stunden nach der Einnahme eines Colchicin-Präparates an einem Multiorganversagen. Der Betroffene hatte zur Behandlung eines akuten Gichtanfalls 50 ml einer Colchicin-haltigen Lösung eingenommen. Dies entspricht 25 mg Colchicin. Im Akutfall soll jedoch als Initialdosis 1 mg des Wirkstoffes verabreicht werden – entsprechend 2 ml. Innerhalb von 24 Stunden dürfen höchstens 8 mg Colchicin eingenommen werden. Die Maximaldosierung für einen Gichtanfall beträgt 12 mg, also 24 ml.

Cochicum-Dispert und Colchysat Bürger sind zugelassen zur Behandlung eines akuten Gichtanfalls. Präparate aus der Herbstzeitlose sind nur Mittel der zweiten Wahl. Meist werden akute Gichtanfälle mit Prednisolon und/oder einem nicht-steroidalen-Antirheumatikum (NSAR) behandelt. Colchicin besitzt eine geringe therapeutische Breite und eine hohe Toxizität. Überdosierungen können zu Nebenwirkungen mit tödlichem Ausgang führen.

In den vergangenen mehr als 20 Jahren wurden etwa 71 gemeldete Vergiftungsfälle mit Colchicin dokumentiert. Etwa 40 werden als Medikationsfehler eingestuft. Das BfArM reagiert und begrenzt die maximale Höchstmenge der Arzneimittel auf 30 ml beziehungsweise 30 Tabletten. Dies entspricht einer Colchicin-Menge von 15 mg und somit ausreichend Wirkstoff, um mindestens zwei akute Gichtanfälle zu behandeln. Würde die Höchstmenge nicht begrenzt, wäre das Nutzen-Risiko-Verhältnis nicht mehr positiv. Die vom BfArM neu festgelegte therapiegerechte Packungsgröße sei nicht zu klein, um einen akuten Gichtanfall zu behandeln, und nicht zu groß, um eine Überdosierung zu erreichen.

Die Dosierungsempfehlungen für Colchicin in den Leitlinien (DGRh und EULAR) wurden geändert und die Dosierungsempfehlungen für Colchysat Bürger und Colchicum-Dispert entsprechend angepasst. Denn bei einer verringerten Colchicindosis konnte eine gleichwertige Wirksamkeit bei besserem Sicherheitsprofil gezeigt werden. Die Tagesdosis am ersten Tag beträgt 2 mg, am zweiten und dritten Tag sind es zwei- bis dreimal je 0,5 mg und am vierten Tag gegebenenfalls zweimal je 0,5 mg bis zum Erreichen der Höchstdosis von 6 mg pro Gichtanfall. Im Rahmen der Überarbeitung der Produktinformationen fand eine Aktualisierung der Warnhinweise und der Arzneimittelinteraktionen statt.

Der Wirkstoff wird rasch vom menschlichen Körper resorbiert und hauptsächlich über die Leber oder unverändert über Niere wieder ausgeschieden. Das Alkaloid besitzt eine geringe therapeutische Breite und geht unter anderem mit Inhibitoren des P-Glykoproteins und CYP3A4 Wechselwirkungen ein. Erste Symptome einer Überdosierung können Übelkeit, Erbrechen, Abdominalschmerzen, Durchfall oder Elektrolytstörungen sein. Diese Beschwerden treten in den ersten 24 Stunden nach der Einnahme auf und können in ein Multiorganversagen übergehen. Metabolische Azidose, Herzrhythmusstörungen, Herz-, Lungen- oder Nierenversagen können zum Tod führen.

Ein Antidot gibt es nicht. Die Behandlung einer Vergiftung kann lediglich symptomatisch erfolgen. Das Herbeiführen von Erbrechen, eine Magenspülung oder die Gabe von medizinischer Kohle soll das Gift aus dem Körper entfernen. Dieser Vorgang stellt jedoch aufgrund der schnellen Resorption eine Schwierigkeit dar.