BfArM-Bescheid

Verbotene Packungen im Generalalphabet APOTHEKE ADHOC, 10.08.2016 10:05 Uhr

Berlin - 

Erneut zieht das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) mehrere Generika wegen mangelhafter Studien aus dem Verkehr. Für elf Produkte ruht die Zulassung ab Donnerstag, 11. August. Apotheken dürfen die Präparate nicht mehr abgeben, sonst drohen ihnen Strafen. Je nach Krankenkasse könnte es sogar zusätzlich Retaxationen hageln.

Laut der Arzneimittelbehörde EMA sind Bioäquivalenzstudien des indischen Zulassungsdienstleisters Semler in Bangalore mangelhaft. Gestern hat das BfArM einen entsprechenden Bescheid erlassen und das Ruhen der Zulassungen für die betroffenen deutschen Produkte ab Donnerstag angeordnet. „Dabei kommt es nicht darauf an, ob die bei den Prüfungen erzielten Ergebnisse eine angemessene Qualität, Sicherheit oder Wirksamkeit des Arzneimittels belegen. Vielmehr ist entscheidend, ob die tatsächliche Durchführung prüfrichtlinienkonform abgelaufen ist.“

Das Arzneimittelgesetz (AMG) regelt, was passiert, wenn die Behörden die Zulassung widerrufen, weil ein Arzneimittel „nicht nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt worden ist“. In diesen Fällen kann die Zulassung entzogen werden oder – wie im Fall Semler – auf Anordnung befristet ruhen. In dieser Konstellation kann die Zulassung laut AMG „durch Auflage geändert werden, wenn dies ausreichend ist, um den Belangen der Arzneimittelsicherheit zu entsprechen“.

Die Folgen für die Apotheken regelt das AMG ebenfalls: „Ist die Zulassung für ein Arzneimittel zurückgenommen oder widerrufen oder ruht die Zulassung, so darf es nicht in den Verkehr gebracht und nicht in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbracht werden.“ Die Rückgabe des Arzneimittels an den Hersteller ist unter entsprechender Kenntlichmachung zulässig. Die Rückgabe kann von der zuständigen Behörde auch angeordnet werden.

Hexal hat seine beiden Malaria-Präparate Malacomp und Malacomp Junior sowie das HIV-Medikament Saquinavir bereits offiziell zurückgerufen. Grund dafür ist einer Hexal-Sprecherin zufolge „ein Ruhen der Zulassung aufgrund nachträglich festgestellter Mängel bei der Dokumentation von Studiendaten, die für die Zulassung der Produkte erhoben wurden“. Das Ruhen der Zulassung sei vom BfArM „rein vorsorglich angeordnet“ worden.

Hexal liegen laut Sprecherin derzeit keine Hinweise von Patienten oder behandelnden Ärzten vor, dass die beiden Präparate nicht wirksam oder nicht sicher wären. Dennoch sei das Ruhen der Zulassung aus Gründen der Patientensicherheit notwendig. Der Hersteller bittet Apotheken um Überprüfung der Warenbestände und gegebenenfalls Rücksendung vorhandener Packungen zur Gutschrift über den Großhandel.

Für das Kombinationspräparat Atovaquon/Proguanilhydrochlorid von der Hexal-Tochter 1A Pharma besteht keine Notwendigkeit für einen Rückruf: Das Mittel war einer Sprecherin zufolge nie auf dem Markt, da die Holzkirchener Malacomp im Handel haben. Ratiopharm hat dagegen ein entsprechendes Malariamittel gelistet. Wie der Hersteller mit dem BfArM-Bescheid umgeht, war bislang nicht zu erfahren. Verfügt ein Unternehmen über weitere Studien, kann er diese einreichen.

Aristo steht mit seinem Blutdrucksenker Eprosartan zwar ebenfalls auf der Liste, doch auch dieses Präparat ist seit etwa zwei Jahren nicht mehr im Handel. Glenmark dagegen hatte die Zulassung für Celecoxib gerade erst erworben. „Das Arzneimittel war noch gar nicht auf dem Markt“, sagt Geschäftsführer Florian Abbenseth. Die Zulassung werde zurückgegeben. Das Antikonvulsivum Pregabalin 25 mg von Hormosan ist steht ebenfalls auf der Liste. Der Generikahersteller hält nach eigenen Angaben seit Oktober die Zulassung, der klinische Teil der Studien wurde demnach über Semler durchgeführt. Doch das Präparat ist nicht im Handel, die Apotheken also hier nicht betroffen.

Geben Apotheken ein Medikament mit widerrufener Zulassung dennoch ab, droht laut AMG eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe. Bei Fahrlässigkeit liegt zumindest eine Ordnungswidrigkeit vor.

Zusätzlich können den Apotheken in einem solchen Fall Ärger mit den Krankenkassen bekommen. Denn diese erstatten keine Präparate ohne Zulassung. Reicht der Apotheker ein nach der Bekanntgabe beliefertes Rezept zur Abrechnung ein, droht also die Retaxation. Bei früheren Rückrufaktionen ist es zwischen Apothekern und Kassen schon zum Streit darüber gekommen, welches Datum entscheidend ist: Die erste Bekanntmachung oder die offizielle schriftliche Mitteilung der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK).