Arzneimittelfälschungen

Italienware: Weitere 390 illegale Transaktionen

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Berlin -

In den Fall der in Italien gestohlenen und illegal nach Deutschland importierten Arzneimittel waren offenbar mehr Zwischenhändler involviert als zunächst angenommen. Die italienische Arzneimittelbehörde AIFA habe anhand von Rechnungen weitere 390 illegale Transaktionen identifizieren können, teilt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) mit. Demnach geht die AIFA davon aus, dass im Zuge der aktuellen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen weitere Erkenntnisse gewonnen werden und sich die Zahl entdeckter illegaler Transaktionen weiter verändert.

Laut BfArM sind durch die neuen Erkenntnissen „keine weiteren pharmazeutischen Unternehmen oder Arzneimittel oder Chargen bekannt geworden, die nicht schon Gegenstand früherer Mitteilungen gewesen sind“. Die Situation in Deutschland habe sich daher nicht verändert.

Apotheker, Ärzte und auch Patienten sollten weiterhin auf mögliche Manipulationen von Arzneimitteln und deren Verpackungen achten, empfiehlt das BfArM. Denn jederzeit könnten manipulierte Arzneimittel unabhängig von der Herkunft auftauchen. „Manipulierte Arzneimittel sollen vor der Anwendung zurückgegeben und über die Apotheken an die zuständige Landesbehörde gemeldet werden“, so die Behörde.

Der Fall beschäftigt die italienischen Behörden bereits seit Längerem. Im April 2014 war in Deutschland gefälschtes Herceptin aufgefallen. Danach wurde nach und nach deutlich, dass es sich nicht um einen Einzelfall handelte, sondern dass in Italien wiederholt Arzneimittel illegal in die Vertriebskette eingebracht worden waren.

Von dem Diebstahl waren mehr als 40 Hersteller und Reimporteure betroffen. Die Arzneimittel wurden 2013 in italienischen Kliniken gestohlen, mutmaßlich durch die Mafia. Nach Angaben der AIFA wurde die Ware über Großhändler und Apotheken in Osteuropa wieder an italienische Großhändler verkauft. Damit waren die Präparate wieder in der legalen Lieferkette und wurden in zahlreiche europäische Länder exportiert. Ein Großteil der Ware landete in Deutschland. Laut AIFA sind mindestens 80 meist hochpreisige Präparate betroffen.

Nach dem ersten Rückruf wurden nach und nach zahlreiche Präparate von verschiedenen Reimporteuren vom Markt genommen. Orifarm musste etwa mehrere Arzneimittelchargen zurückrufen, darunter Avonex, Clexane, Copaxone, Efient, Enbrel, Humira, Inspra, MabThera, Neulasta, Remicade, Sandostatin und Xeplion. Ende Juli stellte der Reimporteur CC Pharma alle Arzneimittel mit italienischem Ursprung unter Quarantäne – unabhängig davon, ob die Ware unter Diebstahlverdacht stand oder nicht.

Die italienischen Behörden waren Hinweisen von Reimporteuren aus Deutschland und anderen EU-Staaten nachgegangen, die ihre Lieferscheine an die Behörden übermittelt hatten. Auf diese Weise konnten die Transaktionen nachverfolgt werden. Betroffen waren laut AIFA nur Arzneimittel, die vor Juli exportiert worden waren. Im Oktober hatte die AIFA gegenüber dem BfArM und dem Paul-Ehrlich-Institut mitgeteilt, dass die Untersuchungen kurz vor dem Abschluss stünden. Alle parallel-vertriebenen Arzneimittel, die nach dem 1. Juli exportiert worden seien, seien legal.

Anders sehe es allerdings bei Arzneimitteln aus, die in Italien von den Zulassungsinhabern nur an Krankenhäuser geliefert worden seien. Für diese Präparate empfiehlt die AIFA weiterhin, die Legalität abzuklären. Betroffen seien Afinitor, Atripla, Avastin, Caelyx, Ecalta, Eviplera, Exjade, Faslodex, Gilenya, Herceptin, Iressa, MabThera, Nplate (250 mg), Prezista, RoActemra, Stelara, Sutent, Tasigna, Truvada, Tysabri, Velcade, Viramune, Viread und Votrient.

Im August gab es erste Verhaftungen: Neben dem 80-jährigen Chef der Bande befinden sich zwei Klinikangestellte und fünf weitere Täter in Untersuchungshaft. Die Beamten gehen davon aus, dass die Täter Komplizen innerhalb des Krankenhauses und in der Apotheke hatten.

Bereits Ende Juli hatten das Paul-Ehrlich-Institut (PEI), das BfArM, das Bundesgesundheitsministeriums (BMG), die zuständigen Landesbehörden, das Bundeskriminalamt (BKA) und das Zollkriminalamt (ZKA) beschlossen, die Zusammenarbeit in einer „Bund/Länder-Arbeitsgruppe Arzneimittelfälschungen“ zu intensivieren. Das BMG kündigte im Oktober an, den Parallelhandel zu prüfen.

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